Wer einen ambitionierten Röster, Barista und Gastronomen sucht, wird am schönen Tegernsee sicher fündig. Wir entdeckten hier den Röster des Jahres 2012: Mario Felix Liebold mit der Ersten Tegernseer Kaffeerösterei.
Unser diesjähriger Röster des Jahres, Mario Felix Liebold hat sich schon in jungen Jahren für den Rohstoff Kaffee interessiert. Er erinnert sich an seine Kindheit zurück: „Meine Mutter hatte immer irgendwo eine Tasse Kaffee rumstehen, meine Oma ebenfalls.“ Und spätestens als die Familie an den Persischen Golf zog und er aus familiären Gründen viel im Mittleren und Fernen Osten unterwegs war, hatte ihn das Interesse am Kaffee gepackt: „Ich habe mich schon immer gefragt, was eigentlich in den Tassen drin ist oder was für die unterschiedlichen Kulturen, die ich kennenlernen durfte, den perfekten Kaffee ausmachte.
Ich fand es einfach spannend, was man aus Kaffee alles machen kann, wo man bei uns in Deutschland ja häufig schon zufrieden ist, wenn dieser schwarz und heiß ist.“ Und so kam der gelernte Zahntechniker, der immer schon gerne etwas mit den Händen machen wollte, und im Anschluss nach einem weiteren Studium als Vertriebler quer durch die Welt flog irgendwann auch nach Brasilien. Und wenn es dort eines zuhauf gibt, dann Kaffee. Vom Rohstoff inspiriert wurde der Vertriebsjob zugunsten der Idee von einer eigenen Caféeröffnung an den Nagel gehängt.
Herr Liebold zog im Anschluss an den schönen Tegernsee und begann dort mit dem Bau des „Café Felix“ in dem er inzwischen auch seinen Kaffee röstet. Als die Anwohner mitbekamen, was er dort vorhatte, hörte er immer wieder folgenden Satz: „Wenn wir im Tegernseer Tal von etwas genug haben, dann sind das Ärzte, Apotheken und Cafés.“ Doch die Ortsansässigen waren spätestens nach dem ersten im Café Felix getrunkenen Kaffee überzeugt. Man liebt den Röster des Jahres dort.
Kaum ist die Tür zum Café geöffnet, betritt einer nach dem anderen den Laden. Die Gäste sind dann allerdings umso trauriger zu hören, dass im Café Ruhetag ist. Denn Montag und Dienstag sind inzwischen die festen Kaffee-Rösttage. Da bleibt der Laden geschlossen. Geröstet wird auf dem 15 kg Trommelröster „Perikles“ der griechischen Firma Coffeetool. „Wir waren die Ersten, die solch einen Röster außerhalb Griechenlands besaßen. Und in der Zwischenzeit haben wir zusammen mit der Firma „die Rösterin“ aus Wien die Generalvertretung von Coffeetool in Deutschland, Österreich und der Schweiz übernommen“, erzählt Herr Liebold sichtlich stolz.
Etwa 40 Kaffees, je nach Ernte, und etwa neun Espressi hat die Erste Tegernseer Kaffeerösterei momentan in ihrem Sortiment. Geröstet werden diese zwischen 12 und 18 Minuten bei maximal 215 °C. Das Rösten hat Herr Liebold übrigens auf einem alten Probat LG3 gelernt. „Wir haben in den ersten drei Tagen mindestens zehn neue Päpste gewählt. Da ging nur weißer Rauch auf und das Ergebnis waren Briketts.“ Heute, etwa vier Jahre später, sieht das natürlich ganz anders aus. Der Röster des Jahres beherrscht seinen griechischen „Perikles“.
Selbstverständlich beginnt die Kaffeequalität immer beim Rohkaffee selbst. Diesen bezieht Herr Liebold heute schon zum großen Teil direkt, den Rest über Generalimporteure. In den Kaffeeländern ist er regelmäßig unterwegs. Gerade kam er aus El Salvador zurück, wo er Maria Elena Botto auf ihrer Farm „Nombre de Dios“ besuchte und die neue Ernte eines gewaschenen und sonnengetrockneten Bourbons und eines Caturras kaufte. Gemeinsam wurden die Ziele für das nächste Jahr definiert und die Zusammenarbeit intensiviert.
Außerdem baut er gerade seine Kontakte aus. Er berichtet, dass es einen engen Kreis von Bekannten und Freunden gibt, die genau den gleichen Anspruch an den Geschmack beim Kaffee stellen wie er und da verkauft man sich schon einmal gegenseitig frisch vor Ort erworbenen Rohkaffee: „Mein Ziel wäre es, auf diese Weise Ende des Jahres 2012 nur noch direkt gehandelten Kaffee zu rösten.“ Und er legt noch eins drauf: „Der Trend geht genau dahin, die Kunden wollen wissen, woher der Kaffee stammt.“
Was das angeht, ist die Erste Tegernseer Kaffeerösterei sehr transparent. Zu jedem Kaffee gibt es die Herkunftsinformationen auf der Verpackung. Und zu den meisten schreibt Herr Liebold auch noch einen seiner „KaffeeSätze,“ die im Anschluss auf der Webseite veröffentlicht werden. Hier findet man noch weitere Angaben über die Plantage, die Plantagenbesitzer, aber auch die Geschmacksnuancen der Bohnen.
Herr Liebold verkauft definitiv nicht einfach nur Kaffee. Er will die Gäste über den kostbaren Rohstoff vor allem aufklären. Das bemerkt man etwa, wenn man einen Cupping- oder auch Homebarista-Kurs bei ihm belegt. Diese nehmen dann schnell statt der angesetzten drei Stunden, vier bis fünf in Anspruch. Oder aber auch an der Zeit, die er sich für jeden ausgeschenkten Kaffee in seinem „Café Felix“ nimmt. „Wir brühen jede Tasse Filterkaffee an unserer Brewbar im Hario Porzellan-Filter mit der Hand“, sagt er. Da warten die Gäste dann gerne auch mal länger, denn es lohnt sich.
Er freut sich, den Menschen seinen Kaffee näherzubringen, das zeigt auch folgende Geschichte. In der Nähe des Cafés wohnt eine ältere Dame. Wenn es ihr gesundheitlich gut geht, lässt sie sich gerne von ihrer Betreuerin im Rollstuhl ins „Café Felix“ schieben. Sie bestellte anfangs über Wochen hinweg immer nur koffeinfreien Kaffee. Doch als der Röster die Dame ein bisschen besser kennengelernt hatte, traute er sich, sie anzusprechen. Er fragte, weshalb sie denn keinen richtigen Kaffee trinke, darauf meinte sie nur: „Ja guter Mann ich vertrage doch in meinem Alter keinen Kaffee mehr.“
Da machte er ihr sofort das Angebot, für sie einmal einen Kaffee mit der Hand aufzubrühen, so wie sie das auch von früher kannte. Sie willigte ein, warnte ihn aber: „Wenn ich die Nacht darauf nicht schlafen kann, gibt es aber Ärger.“ Am nächsten Tag machte ihm die Dame, laut eigener Aussage, eines der schönsten Komplimente, das er je bekommen hat: „Mario, durch Sie habe ich ein Stück Lebensqualität wiedergewonnen.“ Sie konnte offensichtlich schlafen und hatte wie bei manch anderen Kaffees dieses Mal kein Sodbrennen. Seit diesem Tag trinkt sie jede Woche etwa 250 g koffeinhaltigen Kaffee aus Guatemala, geröstet natürlich von Mario Felix Liebold.
Die Kaffeequalität im gemütlichen „Café Felix“ in Weißach zieht sogar öfter mal die eine oder andere bekannte Persönlichkeit an. So waren auch schon Heino und seine Frau Hannelore sowie Siegfried und Roy zu Besuch. Ein Gast kommt sogar regelmäßig aus Kuala Lumpur, der Hauptstad Malaysias und lässt sich den Kaffee vom Tegernsee bis nach Fernost schicken.
Wenn Herr Liebold nicht gerade hinter seinem Röster steht oder die Gäste mit vorzüglichem Kaffee verwöhnt, dann ist er entweder als Richter bei den Barista-Meisterschaften, als SCAE-geprüfter Barista-Trainer oder als Cupper beim Cup of Excellence unterwegs. Gerade kam er erst aus Nicaragua vom diesjährigen CoE zurück. Sein Leben dreht sich definitiv die meiste Zeit um das braune Gold.
Zum Abschluss verrät er noch ein spannendes Detail: „Ich kaufe den Rohkaffee nie nach dem Preis. Wenn ich ein Kilo Kaffee für 15 Euro kaufe, dann weiß ich, dass ich dafür ganz sicher Liebhaber finde. Gäste und Kunden, die dieses wundervolle Produkt genauso lieben und wertschätzen wie ich. Es gibt definitiv einen Markt dafür.“ Und genau aus solchen Gründen ist Herr Mario Felix Liebold, wie wir finden zu Recht, unser crema Röster des Jahres 2012.
Mehr zur Tegernseer Kaffeerösterei und anderen regionalen Röstern steht im Röster-Guide.
Text: Susanne Gärber Fotos: Peter Krause