Röster des Jahres 2024

Der „Röster des Jahres 2024“ ist Coffee Circle aus Berlin. Sie überzeugten die Jury über einen längeren Zeitraum mit der Qualität der angebotenen Kaffees, im Kundenservice  sowie bei der Nachhaltigkeit im Einkauf der Rohkaffees.

Gründer Martin Elwert, seit 2010 verfolgt er mit Coffee Circle die Mission, durch Unternehmertum die Welt zum Positiven zu verändern.

Unsere Jury hat wieder getagt und den Röster des Jahres 2024 ernannt. Neben der Röstqualität sind Sortiment und Rohkaffeeauswahl sowie der Nachhaltigkeitsaspekt bei der Wahl entscheidend, ebenso fallen der Kundenservice bei der Bestellung über den Online Shop, Verpackung und Liefergeschwindigkeit ins Gewicht. Seit 2012 hat Coffee Circle sich auf die Fahne geschrieben, Menschen außergewöhnlichen Kaffee unter der Erfüllung möglichst hoher moralischer Standards zu liefern. Für seine Leistung wird das Berliner Specialty Coffee Unternehmen nun prämiert!

Die Entstehung von Coffee Circle

Die drei Gründer, von denen heute nur noch Martin Elwert bei Coffee Circle ist, lernen sich über den damaligen Job in einer international agierenden Unternehmensberatung kennen. Gemeinsam begleiten sie ein Projekt, bei dem eine Schule für verwaiste Mädchen in Äthiopien gebaut werden soll und sind im Zuge dessen für zwei Monate in der ostafrikanischen Republik. „Wir haben dort extreme Armut gesehen, nochmal mehr, als ich in Asien gesehen hatte,“ erzählt Martin. „Damals hatten wir schon die Idee, irgendwas zu gründen – so naiv, wie sich das anhört, war es dann grundsätzlich auch. Wir dachten uns, es könne ja nicht sein, dass bei so vielen Millionen an Entwicklungshilfe trotzdem nichts passiert. Wir haben uns überlegt, was wir exportieren oder sogar im Land produzieren können, um die Lebensbedingungen für die Bevölkerung zu verbessern.“ In Äthiopien auf die Bohne zu kommen ist naheliegend. Kaffee hat dort eine lange Tradition, ist tief in der Kultur verwurzelt und dauerpräsent. „Zudem ist es das Land mit dem höchsten Eigenkonsum an Kaffee. Wir liebten Kaffee, daher fiel es uns leicht, weil wir uns mit dem Produkt schnell identifizieren konnten “, erzählt der Geschäftsführer weiter. Obwohl bis dato keiner der Drei einen Kaffee-Background hat, ist die Entscheidung gefallen. Zurück Zuhause wird gerechnet und überlegt. Die Gründer lesen sich in die Thematik ein, kündigen ihre Jobs und ziehen nach Berlin.

Fünf Coffee Circle Cafés gibt es in der Hauptstadt. Die Cafés und die ganze Company dahinter legen großen Wert auf Fairness in der Wertschöpfungskette.

2010 setzen sie den Webshop auf und kaufen den ersten Container Rohkaffee. Anfangs fungiert die Speicherstadt als Röstpartner, später Five Elephants in Berlin. Der Vertrieb über Supermärkte fiel direkt raus. „In Deutschland ist der Preis so kaputt, dass wir für den Rohkaffee mehr bezahlen würden, als er im Supermarkt geröstet im Regal kostet, eine absolute Katastrophe. So machten wir es, wie es damals fashionable war – wir verkauften unser Produkt online “ berichtet Martin weiter. Seit 2016 ist Coffee Circle eine ‚Certified B Corporation‘, gehört damit einem Zusammenschluss von Sozialunternehmen weltweit an. Für diese Zertifizierung werden Unternehmen ein halbes Jahr lang analysiert, von Nachhaltig- keitsbestrebungen bis hin zu Gehaltsunterschieden zwischen CEO und günstigster Kraft. Für das Biodiversitäts-Projekt in Äthiopien gibt es 2022 den SCA ‚Sustainability Award‘. Außerdem gehört Coffee Circle zu den drei größten deutschen Supportern des ‚World Coffee Research‘, einer Forschungsorganisation, die die Zukunft des Kaffees im Blick hat.

„Wir sind sehr aktiv in den Kaffee Ursprüngen, es fällt uns aber nicht immer leicht, unser Engagement an unsere Kunden und Partner in Deutschland zu kommunizieren. Dadurch sind wir froh über den Röster des Jahres als größte Auszeichnung in unserem Sprachraum!“

„Wir geben uns sehr viel Mühe. Deshalb freut es uns sehr, wenn andere das sehen und wertschätzen.“ Heute hat Coffee Circle knapp 100 Mitarbeiter, davon viele Baristas, Mitarbeiter in Logistik und Produktion und ein etwa 30-köpfiges Team im Berliner Büro. „People, Planet und Profit – das sind die drei Kategorien, in denen wir denken“, so Martin. „Wenn wir nicht wachsen und kein Geld verdienen, ist das Ganze auch nicht nachhaltig. Wachstum geschieht bei uns jedoch nicht auf Kosten anderer. Wir geben uns wahnsinnig viel Mühe, gehen bewusst oft drei Schritte weiter als notwendig, um es richtig zu machen. Das hat seinen Preis, so können wir das Kilo Kaffee nicht für 15 Euro verkaufen.“

Projekte im Ursprung

Der Name Coffee Circle beinhaltet, dass 1€ von jedem verkauften Kilo zurückgeführt wird. Dies resultiert aus der Motivation, die Lage für die Farmer und Bevölkerung vor Ort zu verändern. So wurden Projekte definiert, die über die Jahre immer mehr an Umfang und Relevanz gewannen. Vom Brunnenbau über Schulen, Infrastruktur oder Kaffee-Aufbereitungsanlagen für die Kooperativen: Inzwischen hat Coffee Circle eigenen Angaben zufolge fast fünf Millionen Euro investiert. Mit der Expansion auf neue Ursprungsländer wie Kolumbien, Brasilien und Kenia wurde ebenso die Projektarbeit erweitert. „Das Geld unserer Kunden soll da investiert werden, wo es die größte soziale, ökologische und ökonomische Wirkung hat.

Bei Coffee Circle wird für jeden Kaffee ein eigenes Röstprofil angelegt, das den individuellen Charakter des Kaffees betont.

Unser größtes Investment haben wir bisher in Limu, Äthiopien getätigt“, berichtet Head of Coffee Hannes Fendrich – Sander. „Das beinhaltet ein Water and Food Security Program und die Wiederaufforstung. Seither wurden etwa eine halbe Million Bäume gepflanzt, um die Biodiversität hochzuhalten, der Abholzung entgegenzuwirken und die Erosion der Böden zu stoppen.“ „Wir versuchen unseren Produzentenpartnern auf Augenhöhe zu begegnen. Wir fragen, wie wir in ihre Community reinvestieren können, wenn wir von ihnen Kaffee kaufen“ erklärt Martin weiter. „So kommen die Vorschläge aus der Community heraus und nicht von uns. Sie unterstützt bei der Umsetzung, was dafür sorgt, dass sich Ownership für das Projekt entwickelt und sich die Community dann auch langfristig darum kümmert, um den Erhalt einer Schule beispielsweise. In einigen Beispielen stärkt dieser Prozess auch das Selbstbewusstsein der Kooperativen, so dass sie etwa von den lokalen Behörden mehr Lehrkräfte für Schulen fordern.“ Coffee Circle will dabei nie als die reichen Westler rüberkommen, die die armen Kaffeefarmer mit Almosen unterstützen. „Der signifikante Unterschied ist, dass die Produzenten die Verbesserungen als ihre eigene Leistung verstehen. Sie haben ein wundervolles Produkt produziert. Wir kaufen es und zahlen einen hohen Preis dafür. Zusätzlich unterstützen die Kaffeefarmer damit ihre Communitys “, erzählt Martin. „Dabei haben wir auch witzige Situationen erlebt, beispielsweise als in einer Community die männlichen Bewohner meinten, sie bräuchten eine Straße und Mopeds. Daraufhin entgegneten die Frauen dann: ‚Ne, Wasser wäre schon sinnvoller!“

Den Spieß einmal umgedreht

Ende letzten Jahres rief Coffee Circle zudem den Coffee Vision Fund ins Leben. Mit dieser Initiative zur Förderung der Kaffeeproduzierenden und von Anbaugebieten weltweit wollte das Team ausloten, mit welchen Projekten sich auch Produzenten oder NGOs außerhalb des Netzwerks bei ihnen bewerben. „Das war super interessant, weil wir weit über 100 Bewerbungen aus der gesamten Welt bekommen haben“ erzählt Hannes. „Thematisch ging es dabei nicht nur um Arabica, sondern auch andere Varietäten. Wir haben unseren Topf über 500.000 Euro auf Projekte in Indien, was ganz neu für uns ist, Peru, Costa Rica, Congo und Ruanda verteilt.“

Direkter geht’s nicht

Bis 2017 wurde Kaffee ausschließlich aus Äthiopien bezogen. „Der Grund, weshalb wir gegründet haben, hat sehr viel entlang des Weges definiert. Eine Angebotsliste von einem Rohkaffeehändler habe ich das erste Mal vielleicht vier Jahre nach der Gründung gesehen. Wir sind da anders rangegangen als es üblich ist. Wir hatten ja unsere Bezugsquellen“, beschreibt Martin die unkonventionelle Herangehensweise. „Von Tag eins an haben wir alle Kaffees direkt importiert und mit den Farmern persönlich interagiert. Dadurch war eine gewisse Art von Augenhöhe von Anfang an da. Wir bestimmen den Preis gemeinsam mit unseren Partnern – direkt und ohne Börsenhandel. Somit bekommen die Farmer weit mehr als über Fair Trade oder andere ähnliche Systeme und Zertifizierungen. Zusätzlich haben wir den Euro pro Kilogramm.“ Das Schwierigste daran war in der Anfangszeit laut Martin, das benötigte Volumen passend einzuschätzen: „Im zweiten Jahr haben wir viel zu viel Kaffee gekauft, weil wir dachten, wir wachsen deutlich schneller. Direkter Einkauf ist schon auch ein Abenteuer und finanziell ein ziemlich hohes Risiko. Je mehr Länder man hat, desto schwieriger wird es.“

Trommelgeröstet in Berlin

Seit 2016 wird in der Coffee Circle eigenen Rösterei an einer 60kg Probat vier bis fünfmal die Woche geröstet. Die Chargengröße variiert zwischen 35-60kg, jeder Kaffee hat sein individuelles Röstprofil. Hannes ist fürs Profiling zuständig. „Mit unserer semiautomatischen Maschine kann man Grundrezepte einspeichern und vom Brenner reproduzieren lassen, was bei der Konsistenz hilft. Bei besonders delikaten Kaffees nimmt einer unserer fünf Röstmeister zusätzlich live changes vor, passt die Brennerstufen während der Röstung an, um einen Tick mehr aus der Bohne rauszuholen“, erklärt der Head of Coffee, der schon zweimal den deutschen Brewers Cup gewonnen hat. Die Röstdauer liegt zwischen neun bis zehn Minuten für unseren kenianischen Rungeto und 17 Minuten für Vollautomatenkaffee, um Säure abzubauen. Stichprobenartig werden mindestens zwei bis drei Muster pro Woche gezogen und ins Quality Control System eingetragen. Im Ikawa Probenröster werden wöchentlich 10 – 15 Rohkaffee Samples geröstet. Aus Frischegründen gibt es nicht viel Ware ‚on stock‘. „Wir versuchen, dass unsere Kunden den Kaffee innerhalb von zwei Wochen nach dem Rösten Zuhause haben, um auch da einen signifikanten Unterschied zum Supermarkt zu bieten“, meint Martin.

Für diejenigen, die das Coffee-Circle-Erlebnis mit nach Hause nehmen möchten, bieten die Cafés auch die Möglichkeit, die Lieblingskaffeesorten direkt vor Ort zu kaufen.

„Wir wollen, dass jede Person ihren Lieblingskaffee bei uns findet!“

Die Produkt Range umfasst um die 30 Sorten Filterkaffee, Espresso und Vollautomaten-Kaffee. Um den Entertainment-Faktor hochzuhalten, löst monatlich ein neuer Kaffee einen anderen ab. Dabei wird zwischen zwei Arten unterschieden: Die Classic Edition ist durchgehend verfügbar, die Explorer sind etwas aufregendere Kaffees besonderer Herkunftsländer, Fermentationen oder Aufbereitungen, häufig nur für kurze Zeit verfügbar. „Auch in der Classic Edition sind sehr aufregende und tolle Kaffees, zum Beispiel ein Yirgacheffe, der eher ein High End Produkt ist. Da wir aber in Äthiopien gestartet sind und der seit Tag eins dabei ist, ist er bei uns ‚nur‘ in der Classic Edition Range,“ erzählt Hannes. Etwa ein Drittel der Bohnen kommt aus Äthiopien. „Klassisch ist das größte Land deutscher Röster Brasilien. Bei uns ist das anders, das ist schon eher ungewöhnlich. Aber auch teuer!“, so Martin. Was die Röstgrade angeht, wird das ganze Spektrum angeboten, von hell und fruchtig bis klassisch dunkel. „Für jede Kundin und jeden Kunden den Lieblingskaffee anzubieten, ohne dabei ‚educational‘ zu sein, ist Teil unserer Strategie“, meint Stefan Brummel, Head of Marketing & Revenue. „Bei uns musst du jetzt nicht den anaerob fermentierten Kaffee trinken, weil das gerade besonders hip ist, oder wir selbst gerne lieber hell gerösteten Kaffee trinken. Wenn du deinen Kaffee bei uns gefunden hast und dir Tag für Tag seit zehn Jahren die gleiche Sorte schmeckt, dann ist das prima. Wir wollen, dass du ein gutes Kaffeeerlebnis hast, egal, was deine persönliche Präferenz dabei ist.“ Im Sortiment ist auch Kapselkaffee zu finden. „Wir haben viel experimentiert, um zu schauen, wie man Leute, die Zuhause auf den Komfort einer Kapselmaschine setzen, trotzdem langsam in die Welt des Specialty Coffee hineinführen kann. Als Alternative zu Nestlé und ohne sich direkt eine Mühle und einen Wasserkocher mit Schwanenhals anschaffen zu müssen“, erzählt Stefan.

Gründer Martin Elwert unterstützt gemeinsam mit seinem Team und Partnern vor Ort in Äthiopien Maßnahmen, um das Gesundheitssystem, insbesondere die Trinkwasser-, Sanitär- und medizinische Versorgung, zu stärken.

Auch entkoffeinierter Kaffee wird bei Coffee Circle nicht stiefmütterlich behandelt. „Decaf ist ein großes Thema, wächst in der Bedeutung aber schmeckt traditionell einfach oft nicht. Das ist total unfair, denn es gibt gute Gründe dafür, manchmal sind es besondere Umstände, zum Beispiel für Frauen in der Schwangerschaft. Daher haben wir unsere Topseller genommen und sie entkoffeiniert, für Espresso und Filterkaffee. Wir haben sogar eine unserer hell gerösteten Explorer Editions, einen Pink Bourbon Kolumbien als ‘‚normal-caf‘ und als Decaf angeboten. Wir wollten zeigen, dass Decaf wirklich ein tolles Produkt ist. Wir verkaufen davon natürlich keine großen Mengen, aber es ist schon auch unsere Philosophie, solche besonderen Produkte anzubieten“, sagt Martin. Eine Handvoll Cafés in Berlin Dass bei Coffee Circle das Pferd von hinten aufgezäumt wurde, zeigt sich auch hier: „Viele steigen in den Specialty Coffee Markt ein, in dem sie ein Café eröffnen, dann fangen sie an zu rösten und bedienen B2B Kunden, und erst dann entdecken sie den Onlinehandel für sich. Bei Coffee Circle war es komplett andersherum“, erzählt Stefan. „Ein eigenes Café zu eröffnen, das war bei uns der letzte Schritt.“ Hinsichtlich der Standorte und Größe wurde viel herum probiert. Am besten hat sich die Kiezlage bewährt: „Wir fühlen uns am wohlsten in Nachbarschaften, um unsere Kunden zu treffen und lokal Kaffeebohnen zu verkaufen. Wir haben einen hohen Stammkundenanteil und das reflektiert die langfristige Beziehung, die wir mit unseren Kunden aufbauen wollen“, so Martin. „Ob online oder offline, wir folgen der Philosophie, in allen Kanälen präsent zu sein, aber nur in direkter Kundenbeziehung, d.h. nicht über den Supermarkt! “ Ein Milch-Verbot gibt es bei Coffee Circle nicht und auch jeder ohne trendy Filterkaffee Setup kommt auf seine Kosten. „Sich so künstlich abzuheben passt nicht zu uns. Bei uns wird eine Inklusivität gelebt, mit der wir jeden abholen wollen. Die große Masse der Standard Trinker bis zu solchen, die Fermentiertes oder Light Roasts suchen. Genauso versuchen wir, das Richtige für Maschinen zu empfehlen, die für Supermarkt-Kaffee produziert wurden.“ Derzeit gibt es fünf Coffee Circle Cafés in der Hauptstadt, eine deutschlandweite Ausweitung zumindest auf die großen Städte ist in Planung.

Martin mit Hannes, dem Head of Coffee beim Cupping.
"Röster des Jahres" so wurde bewertet:
Die Auswahl zum „Röster des Jahres“ erfolgt nach drei Hauptkriterien: 1. Qualität der angebotenen Kaffees bzw. der Röstungen, 2. Leistungen bei Lieferung, Service und Verpackung und 3. Fairness und Nachhaltigkeit beim Einkauf des Rohkaffees. Alle drei Kriterien werden im Laufe eines Jahres über Testbestellungen bei den Röstereien mehrmals überprüft. Das garantiert, dass die zu bewertenden Leistungen über einen längeren Zeitraum eingeschätzt werden können. Getestet werden ausschließlich Röstereien im deutschsprachigen Raum. Die Auswahl der zu testenden Röstereien sowie der Test selbst wird von einer Fachjury aus unabhängigen Experten und Fachjournalisten durchgeführt. Die Auszeichnung zum „Röster des Jahres“ ist eine der höchsten Ehrungen in der deutschsprachigen Kaffee- und Rösterszene. Verlag und Redaktion des „crema Magazins“ garantieren einen fairen und unabhängigen Wettbewerb. Die Testphase für den Wettbewerb 2025 beginnt ab Oktober 2024.