Bacchi Espresso – kleines Wunder

Bachi Espresso das kleine Kaffeewunder

Vier Männer und ein Konstrukteur haben sich zusammengetan, weil sie einen Traum haben: Dass jeder seinen Espresso in Bar-Qualität auf dem heimischen Herd kochen kann. Jetzt kommt ihr Traum in den Laden. Sie ist der überwundene Zweifel, ein neues Prinzip Hoffnung, aluminiumgewordenes Bindeglied, Neuanfang, Männerspielzeug, Designobjekt oder einfach nur: eine Kaffeemaschine. Ein silbernes Ding, das ausschaut wie ein Campingkocher aus der Nobelboutique. „Was haben Sie denn da?“, fragt am Flughafen der Polizist, der seine Arbeit besonders gründlich macht In der Kammer neben der Gepäckkontrolle steht ein Etwas auf dem Tisch. Die Antwort „eine Bombe“ ließe ihn nicht zweifeln, sagt sein Blick.

“Meine Maschine ist eine Bombe”

sagt Andrea Bacchi, der Konstrukteur dieses merkwürdig anmutenden Dings, allerdings nicht am Flughafen, sondern im Gespräch mit den Menschen, die sich für seine Erfindung interessieren. Wenn das merkwürdige Gerät anfängt zu pfeifen und zu kreischen, kann man tatsächlich Angst bekommen. Doch die Maschine sagt damit nur, dass es Zeit ist, Druck abzubauen, den Espresso in Freiheit zu entlassen, am Kaffeehahn zu drehen. Ein Sicherheitsventil in ihrem Bauch passt auf, dass sie nicht explodiert, dass der Druck in ihrem Inneren nicht zu groß wird. Ein weiteres Ventil passt auf, dass der Druck dort exakt neun Bar beträgt. Neun Atmosphären, das ist die magische Zahl für Espressofreunde. Denn was echter Espresso ist, lässt sich durchaus in Zahlen fassen: neun Bar Druck beim Aufbrühen. 20 bis 25 Sekunden Dauer. Sieben bis acht Gramm Kaffeepulver. 25 Milliliter Getränk. Bisher ließ sich solch ein echter Espresso nur mit Hilfe von teuren Maschinen herstellen. Die von Andrea Bacchi entwickelte Caffèttiera dagegen ermöglicht es jedem, auf dem heimischen Herd echten Espresso herzustellen, eine normale Herdplatte oder eine Gasflamme genügt.

Bacchi, 41 Jahre alt, ist ein Tüftler, wie man ihn sich vorstellt: Etwas schlaksig, Brille, unprätentiös gekleidet. Manchmal lacht er, doch meist bleibt er sachlich. Eigentlich kümmert er sich um Motoren oder optimiert Produktionsprozesse. Eines Tages jedoch stellte er sich eine simple Frage: Wie könnte man eine Caffettiera bauen, die den Kaffee so aufbrüht, wie dies in den Bar-Maschinen der Fall ist? Herkömmliche Kannen wie die Moka brühen den Kaffee ohne besonders hohen Druck auf. Mit seinem Büro für technische Beratung war Bacchi eigentlich ganz gut ausgelastet. Doch diese Frage fasste ihn und ließ ihn nicht mehr los, wie das eben so ist bei Herausforderungen, die einen zunächst fordern und dann überfordern.

In der Folge überlegte und bastelte Bacchi monatelang. Die Prototypen von damals ähneln der heutigen Maschine kein bisschen. Bei einer der Caffettieren beispielsweise schmiegte sich eine Kupferspirale außen am Gehäuse entlang, damit das Wasser nicht zu heiß für das Aufbrühen wird. Bacchi veränderte mehrere Faktoren, doch das Ergebnis stellte ihn wieder und wieder nicht zufrieden. Bis er darauf kam, auf Hydraulik zu setzen.

In der Vergangenheit kam dieses Prinzip bereits bei anderen Caffettieren zum Einsatz, etwa in einer Entwicklung des napolitanischen Erfinders Antonino Di Leva. Allerdings war es noch niemandem gelungen, damit einen so hohen Druck zu erzeugen, wie er in Barmaschinen wirkt.

Bachi Espresso die Unternehmer bei der ArbeitBacchi teilte den Brühvorgang in zwei Phasen auf: Zunächst erhitzt die Flamme oder die Platte des Herds eine geringe Menge Wasser, die sich im unteren Teil der Caffettiera, in einer kleinen Kammer befindet. Wie in einem Schnellkochtopf entsteht dort Dampf und damit ein höherer Druck. Dieser Druck schiebt einen Kolben darüber in die Höhe. In der Kolbenkammer befindet sich das Wasser, mit dem am Ende der Kaffee aufgebrüht wird. Da das Wasser von der direkten Hitzequelle entkoppelt ist, wird es auch nicht zu heiß. 85 bis 90 Grad hat Bacchi gemessen – die ideale Temperatur. Beträgt der Druck hier neun bar, pfeift ein eingebautes Ventil. Dann muss man nur den an der Maschine angebrachten Hahn öffnen und schon fließt gemütlich Espresso aus den beiden Röhren im oberen Teil des Geräts. Hat man den Mahl grad richtig eingestellt und den Kaffeehahn nicht zu weit geöffnet, bildet sich nicht nur eine feine Crema auf dem Es presso, sondern auch ein Muster, das einem Tigerfell ähnelt, die sogenannte tigratura.

Bacchi EspressoWas sich einfach anhört, gestaltet sich in der Praxis sehr kompliziert. Jede kleine Änderung an dem komplexen System hat Folgen. „Das schwierigste war die Konstruktion des Ventils“, berichtet Andrea Bacchi. „Es ist zugleich das Herzstück der Maschine.“ Insgesamt drei Ventile befinden sich jetzt im Bauch der Caffettiere, man sieht sie, wenn man den Korpus von unten betrachtet. Einmal das Überdruckventil, das die Maschine dann doch nicht zu einer Bombe werden lässt, zum zweiten das Neun-Bar-Ventil, das zugleich pfeift. Und zum dritten ein Ventil, das Luft ins Innere lässt, damit man die Teile auch wieder auseinander nehmen kann. Dann musste Bacchi die Caffettiera noch so verändern, dass sie auch einen einzelnen Caffè Espresso machen kann. Zu guter Letzt musste dem Stück noch ein ordentliches Design, eine Identität, verpasst werden.

Seit Februar dieses Jahres wird die Bacchi Espresso in Serie hergestellt. In Lumezzane im norditalienischen Brescia werden die einzelnen Teile in Handarbeit montiert. Andrea Bacchi hatte zunächst versucht, seine Kaffeemaschine in Eigenregie auf den Markt zu bringen. Doch das Projekt war zu groß für ihn; immerhin sind allein für die Vorarbeiten zu der Produktion jetzt etwa 200.000 Euro Kosten angefallen. Bacchi hatte seine Maschine auch bei verschiedenen großen Kaffeeproduzenten präsentiert doch unterstützen wollte ihn niemand. Jetzt haben sich vier Kaffeefreunde zusammen gefunden und ein Unternehmen gegründet, die Caffemotive S.P.A., um die
Bacchi Espresso auf den Markt zu bringen. Ein professioneller Kaffeetester, ein Röster, ein Manager und ein Fabrikateur, in dessen Halle die Bacchi Espresso gefertigt wird. Andrea Bacchi selbst ist nur Berater für das Unternehmen, aber am Verkauf der Maschine beteiligt. Er ist auch Inhaber des Patents auf die neue Art der Zubereitung.

200 Stück der Bacchi Espresso wurden schon abgesetzt, doch der eigentliche Verkauf startet jetzt erst. Die Caffemotive sucht weltweit nach Vertriebspartnern. Nach Korea wurden bereits die ersten Maschinen geliefert, in Deutschland wird der Edelversand Manufactum der Vertriebspartner sein.

Die fünf brennen darauf, dass es endlich losgeht. Da ist Massimo Chenda, der für Illy Caffè arbeitete und dort gekündigt hat, weil er mit Managemententscheidungen nicht mehr einverstanden war. Bei ihm laufen jetzt die Fäden zusammen. Er arbeitet zugleich für Giacomo Ghidinelli, den kernigen Chef des Unternehmens IMAT, einen weiteren Teilhaber. In seiner Fabrik wird die Bacchi produziert, er hat bisher die finanzielle Hauptlast getragen. „Ich sehe das als Investition“, sagt Ghidinelli. Nach Feierabend kümmert sich Chenda dann um die Bacchi – unentgeltlich wie alle Teilhaber der Caffemotive. Fabrizio Polojaz hat bei Hausbrandt gearbeitet, einer größeren Rösterei in Triest, sich dann aber ebenfalls selbstständig gemacht. Jetzt betreibt er selbst eine kleine Kaffeerösterei in der Nähe von Triest und ist bei Caffemotive mit von der Partie. Außerdem ist auch Andrej Godina beteiligt, sozusagen ein studierter Kaffeeologe. Sein feiner Gaumen wurde für die Feinabstimmung benötigt, aber nicht nur: Auch er hat eine Einlage von 10.000 Euro geleistet.

Wenn erst einmal der Verkauf läuft, will Caffemotive die Produktpalette ausweiten: Dann sollen unterschiedliche Ausführungen der Bacchi Espresso auf den Markt kommen, etwa eine Variante, die drei Espressi gleichzeitig aufbrüht. Ein wesentlicher Aspekt bei der Bacchi Caffettiera ist, dass man mit ihr spielen kann. Beim Espressomachen gibt es viele Faktoren, die sich verändern lassen. Neben dem Mahlgrad des Kaffeepulvers und dessen Qualität kann man die Menge Wasser im Dampfkessel variieren. Man kann die Maschine etwas länger pfeifen lassen oder früher den Kaffee hahn öffnen. Darauf aufbauend, plant die Caffemotive, noch mehr Zubehör für die Männer-Spielwiese anzubieten, unter anderem eine kleine Kaffeeröstanlage. Natürlich hat das Unternehmen auch Kaffeemühlen im Sortiment und verschiedene Kaffeesorten sind ebenfalls in der Vorbereitung – wenn, ja wenn die Bacchi sich gut verkauft.