Im Test: D.I.D. Orchestrale Nota

Der Maschinist vs. D.I.D. Orchestrale Nota

Der-Maschinist_header

Die in Treviso ansässige Siebträger-Schmiede D.I.D. versteht das Thema Espresso­maschine zuallererst als die nahtlose Verschmelzung von extravagantem Design und erprobter, zuverlässiger Technik. Stahlskulpturen wie Ethnica oder Phonica wollen auffallen, sollen darüber hinaus aber auch verlässliche Arbeitswerkzeuge im harten Barista-Alltag sein. Grund genug für den Maschinisten, sich die Nota – die einzige manuelle Eingruppige der Norditaliener – einmal genauer anzusehen …

Erstkontakt
Man muss es neidlos zugeben: Eine D.I.D. Orchestrale verschlägt einem bereits beim Auspacken den Atem – und das beileibe nicht bloß aufgrund des soliden Gewichts von gut 30 Kilo. Mam­ma mia, was für ein prächtiges Kaliber! Die Nota ist, da beißt die berüchtigte Maus keinen Faden ab, ein echter Hin­gucker; ein visueller Traum aus satiniertem Edelstahl, geschwungener Li­nien­füh­rung und Glas. Ein Traum, der fraglos polarisiert, aber wohl keinen kalt lassen dürfte. Sofort fällt auf, dass es dem Hersteller hier um eine Art Gesamt­kunst­­werk geht, mit dem man nebenbei zu­dem noch erstklassigen Espresso fab­ri­­zieren kann. (Man kann die bella don­na natürlich auch einfach nur an­schmach­­ten, aber darum soll es hier nicht gehen.) Schwere Dampf- und Wasserlanzen in doppelwandiger No-Burn-Ausführung machen in Kombination mit reichlich Raum darunter Lust auf Milchorgien und die enorm hohe, stilvoll über einen Hebel gesteuerte E61-Brühgruppe sollte auch den auf große Tassen pochenden Schümli-Fan begeistern. Ein mitgeliefertes Tassen-Bänkchen hilft dem kurzen Caffè aufs Podest. Auch beim sonstigen Zubehör hat sich D.I.D. nicht lumpen lassen und legt neben einer zweiten Lanzengarnitur (!) sowie einem Einer- und einem Doppelsiebträger in Gastro-Qualität gleich noch je einen für Kapsel, res­pektive ESE-Pad-Betrieb, bei. Perlen vor die Säue bei solch einem Gerät, meinen Sie? Schon irgendwie, aber, so what. Die eine oder andere Werbeagentur wird es freuen, wenn das Glanzstück in der Lob­by dreckfrei werkelt und dabei auch noch bella figura macht. Umso sinnvoller wäre es gewesen, auch auf Beschriftungen zu achten, die un­gelern­­ten Usern die Bedienung der  Mac­china erleichtern. Doch Fehlanzeige: Weder der Netzschalter, noch der unter der Tassenablage hinter dem Frontblech verborgene Wipptaster, der bei Fest­was­ser­­einsatz den Leerlaufschutz des Tanks deaktiviert, geben irgendeine Art von Aus­kunft. Einen Schukostecker suchten wir vergeblich und mussten ihn erst im Bau­markt organisieren, was regulären Käu­fern hoffentlich erspart bleibt. Eher un­schön italienisch präsentiert sich schließ­lich auch die Blechverarbeitung, die die Messlatte für scharfe Kanten auf ein Niveau hebt, das in dieser gehobenen Preis­klasse schlicht indiskutabel ist.

DID-Nota_sideview

Von außen nach innen
Leider setzt sich das zwiespältige Bild im In­­neren des Kolosses fort, dessen Ar­chi­tek­tur die Handschrift des auch auf der Web­­­site genannten Herstellers CMA ver­­­rät. Einerseits klotzt man hier mit ei­nem fetten, liegend verbauten Dreiliter-Ke­s­­­sel aus Kupfer, einem soliden Gas­tro­no­­mie-Pressostaten von Sirai, Procon-Ro­­­ta­tions­pum­pe und weiteren Kompo­nen­­­ten aus der Profiabteilung, achtet aber andererseits zu wenig auf sicher­heits­­relevante De­tails wie Tem­peratur­ab­schir­­­mungen oder Spritzschutz (etwa zwi­­schen Boiler und Pumpe). Alles wirkt eng und ge­quetscht, nur rudimentär ent­kop­­­pelt, was pri­mär der auffälligen Form­­­­gebung in Kom­bination mit der platz­­­raubenden Wahl­möglichkeit zwischen Tank- und Fest­wasserbetrieb ge­schuldet ist. Speziell die Rotations­pum­pe zeigt sich dabei derart eingekeilt, dass ei­ne Justage des Pum­pendrucks, ge­schwei­­ge denn ein Tausch jeden noch so fin­gerfertigen Techniker zum Fluchen brin­gen dürfte. Selbiger wird sich auch ob der kuriosen Idee des Herstellers, der Nota neben der be­sagten großen Rota- eine zweite Vib­rations­pumpe zu spendieren, am Kopf krat­zen. Auf dem Papier soll hierdurch ein Abfall des Brühdrucks verhindert wer­den, wenn während der Extraktion zu­­fällig gleichzeitig der Kessel automatisch befüllt wird. Ein eher nachrangiges Un­­terfangen, das man zudem mittels ei­ner simplen Zwangsschaltung (Be­fül­lung nur bei nicht betätigtem B­ezugs­he­bel) hätte technisch deutlich smarter lö­sen können. Aber schauen wir mal, wie sich das Gerät in der Praxis anstellt.

DID-Nota_Innen-Kessel

Auf Herz und Nieren
„Strumenti per l’espresso“ wollen sie laut eigener Aussage bauen, die Herren der 2005 im schönen Städtchen Treviso ge­gründeten Firma D.I.D. Verweise auf die Welt der Musik finden sich in jedem zwei­ten Halbsatz. Vor diesem Hin­ter­grund verweundert es, wenn das erste akustische Le­bens­zei­chen der feingeistigen Nota ein schepp­riges, ohrenbetäubendes Getöse ist. Derart derb meldet sich die Vi­bra­tions­pumpe zum Dienst, dass man die wun­dervoll illuminierte Rückseite der Gran­de Dame kaum angemessen würdigen kann. Die Nähe zum Orchestralen hat­ten wir uns jedenfalls anders vorgestellt. Offenbar hat man sich hier eher an der futuristischen Geräuschkunst eines Luigi Russolo (ital. Maler und Komponist, Anm. d. Red.) orientiert als am Wohl­klang. Rätselhaft, wie so etwas durch die Qua­litäts­si­che­rung rutscht. Mal abgesehen davon, dass trotz nagelnder Pompa zu­nächst so rein gar nichts geschieht. Die Gute will nicht recht ziehen … und auch aus der ebenso lärmigen Rota kommt bei Betätigung der Levetta nichts. So tröten sie nun eben mit La­de­hem­mungen im Doppelpass. Ir­gend­wann, man hat gerade aufgegeben, entschließt sich die Nota dann doch noch zur Wasserlieferung. Na bitte.Nun fordert bloß noch die Größe des Kes­sels ihren Tribut: Nach recht schleppenden zwölf Minuten steht der Kessel un­ter Druck (satte 1,25 Bar), weitere  acht Mi­nuten und einige Leerbezüge später kann es endlich losgehen. Der frischgebackene Besitzer wird sich sicherlich da­mit zu arrangieren wissen (Zeit­schalt­uhr?), sollte dann aber besser nicht di­rekt neben der Küche sein Schlafgemach ha­­­ben. Das mitgelieferte Doppelsieb ist rie­­­sig, sodass wir diesmal aus­nahms­wei­se lieber mit 17 statt 16 Gramm arbeiten. Nach etwas Gefummel sind wir von der dunk­­len sardischen „Gran Miscela“ und der Nota als Team hellauf begeistert. Ei­ne veritable Traumpaarung, denn zu­min­­­dest hier passt der heiße Reifen, den die Maschine fährt, ausgezeichnet. Bei hel­­leren Röstungen muss das Tem­pe­ra­ment via Dreh am gut zugänglichen Pres­so­staten vermutlich etwas gezügelt wer­den. Nach der reinen Lehre folgt abschließend die Kür: das Milchschäumen. Und hat man sich hier erst an die reichlich schwer­gängigen, aber supersoliden Dreh­­­ventile gewöhnt, macht die Sache er­heb­li­chen Spaß. Mit leichter Hand ge­lingt fluf­figer Latte-Art-Schaum, wobei die No­ta für die amtliche Größe ihres Boi­lers gleichsam sanft, aber selbstbewusst und auch auf längere Distanzen mü­he­los zur Tat schreitet. Die ab Werk ver­bau­te Drei-Loch-Düse liefert hier exakt das Bes­te beider Welten.

Resümee
Alles in allem präsentiert sich die op­tisch wunderschöne D.I.D. Nota als in sich ruhender Fels in der Espresso-Bran­dung. Ist sie nämlich erst einmal in Be­trieb ge­nom­men, dürfte die schnieke Ita­lie­nerin so mancher heimischen De­sig­ner­­kü­che den letzten Schliff geben. Auch im se­mi­professionellen Einsatz in Agen­tu­ren oder am Chefetagen-Em­p­fang würde sie sich vermutlich ausgezeich­net machen – vo­­raus­­­­gesetzt, der Hersteller be­kommt das aku­te Lärm­prob­lem der Ma­schine in den Griff und wid­met sich im sel­ben Zu­ge auch gleich noch einigen anderen ne­gativ aufgefallenen Details (zum Beispiel mes­serscharfe Bleche oder fehlende Be­schrif­tung). Dann – und nur dann – lässt sich über den angesichts der ge­botenen, eher bodenständigen Tech­nik doch latent vermessenen Preis hinwe­g­sehen.

 

Für die D.I.D. Orchestrale Nota spricht:

  • einzigartiges Design
  • hochwertige Glaspaneele (optional)
  • sehr gutmütige Extraktion
  • üppig dimensionierter Kessel
  • robuste Technik aus der Gastronomie
  • viel Platz durch hohe Gruppe
  • reichlich mitgeliefertes Zubehör

Steckbrief

»Maße: (Breite/Höhe/Tiefe in cm) 37 x 43 x 44

»Gewicht: 30 kg

»Leis­tung: 1.800 Watt

»Kesselvolumen: 3 Liter (Dampf/Heißwasser)

Features

»Zweikreissystem

»E61-Brühgruppe

»doppelwandige No-Burn-Lanzen

»zwei separate Pumpen für Kesselbefüllung und Brühvorgang

»Tankbetrieb/Festwasser schaltbar

»verschiedene Farbvarianten wählbar

Damit wurde getestet:

Mühle: Eureka MCI manuale

Espresso: La Tazza d’oro‚ Gran Miscela aus Sardinien (70 Prozent Arabica/30 Prozent Robusta)

Tamper: Motta Tamper konvex, 58 mm

Milchkanne: Cafelat Milchschäumkanne, 0,7 Liter

Text/Bilder: Patrick Großmann