Geschichte der Espressomaschine

Es war der Ingenieur Luigi Bezzera aus Mailand, der 1901 die Kultur der Espressomaschine auf Basis der Dampf­erzeugung verbreitete, indem er Desiderio Pavoni im Jahre 1903 die Erlaubnis erteilte, mit seinem Patent Maschinen herzustellen.

“La Pavoni Ideale” aus dem Jahr 1905 war die erste von Desi­derio Pavoni gebaute Maschine. Die Produktionsleistung war etwa 1 Stück pro Tag. Wir sprechen hier von einer monumentalen säulenförmigen Ma­schine, die auf Jahre hinaus dazu bestimmt war, das Referenz­modell für viele andere Hersteller zu sein. Auch vor diesen Tagen gab es die Angewohnheit, in öffentlichen Lokalen Kaffee zu konsumieren, aber die Maschinen arbeiteten mit langsamen Aufguss-Systemen. Mit den neuen Maschinen schmeckte der Kaffee – auch im Vergleich mit der Zubereitung zuhause – doch ganz anders und auch die Zubereitungszeit war viel kürzer. Die Idee, einen Mechanismus zu entwickeln, der mit Hilfe von Dampf einen Kaffee zubereiten kann, folgte natürlich dem allgemeinen Trend zur Mechanisierung, zur Industrialisierung, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts schon einsetzte, und die grundsätzliche Neu­erungen wie die Serienproduktion brachte und die Gewohnheiten und Bräuche der Menschen veränderte. Da bereits Mitte des 19. Jahrhunderts über Produkte wie unter vielem anderen die Waschmaschine, die Spülmaschine und den Staubsauger nachgedacht, diese Dinge sogar projektiert oder ausgearbeitet wurden, um die tägliche Hausarbeit zu erleichtern, lag es auf der Hand, dass auch in der Gastronomie und speziell auf dem Sektor der Kaffeezubereitung nach Möglichkeiten gesucht wurde, mit geeigneten Maschinen und Mechanismen die Zubereitung und den Konsum dieses Getränks zu optimieren. In Frankreich zum Bei­spiel studierte Eduard Loysel von der Firma Lantais ein Modell, das nicht nur in der Lage war, in einem Haushalt, sondern auch in öffentlichen Lokalen eine grosse Anzahl von Tassen in kurzer Zeit zu produzieren.

Dies waren allesamt gigantische Maschinen, die in nur geringen Stückzahlen produziert wurden, immer noch weit entfernt von den Maschinen, die die italienischen Hersteller des Sektors weltberühmt machen sollte. Tatsächlich war das erste in Italien ausgearbeitete Modell, das seine Marktreife kurz nach der Anmeldung des Patents erlangte, für eine grundsätzliche Veränderung verantwortlich. Es war der Ingenieur Bezzera, der den Mechanismus entwickelte, der aber auch für die Gehäuse, die Karosserie, die Richtung hin zur sogenannten „ Säulenmaschine“ in zylindrischer Form aus Kupfer und Messing vorgab. Die rein technische Seite musste mit einer faszinierenden Ästhetik, die wiederum den Bedürfnissen der Funktionalität im Gebrauch und im Zusammen­spiel mit anderen Einrichtungsgegenständen unterworfen war, in Einklang gebracht werden, da es sich doch um ein Objekt von herausstechender Präsenz gegenüber den Interessen der Kundschaft handelte. Aus funktionellen Gründen war die Säulenform der Ka­ros­serie der Espressomaschine die logische Entwicklung, da die Dampfkessel senkrecht standen. Die so entstandenen eleganten Formen, verziert mit leuchtenden und dekorativen reliefförmigen Elementen, ragten imposant auf den Bartresen der Zeit empor.

Nach den ersten Erfahrungen Bezzeras und der sofort folgenden Marktführerschaft von La Pa­vo­ni folgten im Kielwasser dieser epochalen Erfindung andere Hersteller, die sich grosser Beliebtheit erfreuten, weil sie dank einiger technischer Innovationen die weitere Opti­mierung der Zubereitung des Espresso vorantrieben. Zu den ersten, die dieses Phänomen einleiteten und die man erwähnen muss, gehört sicherlich die Turiner Firma Victoria Arduino, gegründet von Pier Teresio Arduino, Urheber einiger technischer Innovationen, die ihre Produkte dank eines ausgeklügelten Vertriebs­systems auf der ganzen Welt verbreiteten. Bei rein formaler Betrachtung können wir jedoch nicht von einer echten und eigenen technischen Evolution sprechen, da die Säulenmaschine mit nur kleinen Modifi­kationen doch fast 50 Jahre lang überlebte. Man muss aber in seine Überlegungen die Eleganz mit einbeziehen, die einige dieser Apparate besassen, vor allem vor dem Hintergrund, dass sie sich in öffentlichen Lokalen, die auf eine bestimmte Art eingerichtet waren, befanden. Deshalb, beginnend mit den ersten Modellen, die in Italien in einer abgemilderten Form des Art nouveau, des Jugendstil, der sich über den Alpen grosser Beliebtheit erfreute, gehalten waren, kommen wir im Laufe der Jahre zu Formen des Art deco, der allgemeinen Tendenz folgend, in der diese Stilrichtung nach und nach alle kreativen Bereiche beeinflusste. Die Säule wurde also anfangs mit floralen Motiven aus Emaille und Bronze dekoriert, die von hervorragenden Handwerkern hergestellt wurden. Später wandelten sich die Formen dem allgemeinen Geschmack folgend hin zu geometrischen und stilisierten Elementen. Auch dem Faschismus wurde mit Stilelementen des italienischen Rationalismus (ohne jedoch zu übertreiben), gepaart mit faschistischen Grundelementen, Tribut gezollt.

1940 – eine neue Ära

Am ende der 40er-Jahre kam dann die entscheidende Änderung: die Zubereitung mit Dampf wurde ersetzt durch die Zube­rei­tung mit der Handhebel­maschine. Die Erfindung ist fundamental, da die neuen Modelle auf den Gebrauch von Dampf ab jetzt ganz verzichten und der Brühvor­gang nur mit Kaffeepulver und heissem Wasser unter hohem Druck durchgeführt wurde. So entstand ein echter „crema caffè“, aromatischer, dichter und dickflüssiger als das, was bisher ein Espresso war. Es handelte sich praktisch um eine Art „mechanisierten“ caffè nach neapolitanischer Art, unter Qualitäts­aspekten dem weit überlegen, was die Säulenmaschinen mit Dampf produzierten. Eines der berühmtesten Modelle ist sicherlich die Gaggia Classica, patentiert im Jahre 1945 von Achille Gaggia aus Mailand und produziert von den „Officine Faema“, einem Hersteller von Kaffeemaschinen, ebenfalls aus Mailand.

In der Folge dieser technischen und stilistischen Entwicklung wurden viele Herstellerfirmen geboren und entwickelten sich prächtig, weniger bekannt aber nicht weniger interessant als die berühmten Firmen Bezzera, La Pavoni, Victoria Arduino, La Cimbali, Rancilio, La San Marco, La Marzocco, Faema und Gaggia, La Tarvisium und Simonelli. Es gab aberdutzende von Herstellern, die vor allem unter gestalterischer Hinsicht beachtliches entwickelten und auf diese Weise der Öffentlichkeit Modelle vorstellten, die den neuen Richtungen des Geschmacks entsprachen.

Aus Amerika schwappte das Stromlinien-Design herüber. Es verbreitete sich auf den verschiedensten Sektoren und setzte Akzente im Automobildesign wie auch im Bereich der Haushaltsgeräte (vom Mixer bis zum Kühlschrank). Es beeinflusste auch die Welt der Kaffeezubereitung und fügte den Maschinen fliessende und schmeichelnde Formen hinzu, vergleichbar mit einigen Details eines Autos oder einer Juke-Box, und nicht immer im Zusammenhang mit den Bedürfnissen des direkten Gebrauchs. Auf eine bestimmte Art war es das Spektakuläre des Objekts an sich, das anzeigte, dass auf technischer Seite das Beste verbaut wurde, um dem Kunden anhand von dekorativen Effekten ein reichhaltiges Angebot zu versprechen. Im Weiteren war und ist der Kaffee das in den Bars am meisten verlangte Getränk. Die Maschine, die dessen Zubereitung erlaubt, musste auf höchstem Niveau sein. Vom Ende der 40er bis zum Anfang der 50er Jahre wurden die Hersteller von Espresso­maschinen gezwungen, einerseits durch praktische Notwendig­keiten, andererseits aufgrund von sich ändernden Projektie­rungskatalogen auf allen Ebenen der industriellen Produktion- sich immer mehr in Richtung Industrieproduktion zu verändern, um höhere Stückzahlen produzieren zu können und ein wachsendes Publikum zu befriedigen. Der tägliche Ritus des Kaffeetrinkens ist typisch für den Italiener (und nicht nur für ihn) und wird von einer steigenden Zahl an Kunden in den Bars ausgeübt. Die Notwendigkeit der Serien­pro­duktion und der Wille zur Veränderung und zum Experimen­tieren, im Lichte des Augenblickes, der nach den entbehrungsreichen Jahren des 2. Weltkriegs so unglaublich kreativ war, brachte die Hersteller dazu, sich schließlich an Designer und Architekten zu wenden, um die Produkte den veränderten Bedürfnissen in der Gesellschaft anzupassen.

20. Jahrhundert – Funktionalität und Design

Die Nachkriegszeit hat zweifellos einige der Meisterwerke des italienischen Designs hervorgebracht, von der Vespa zur Lambretta, von den Schaumstoffexperimenten Marco Zanusos für Arflex nis hin zur Einführung von Kunststoffen und der Geburt von Kartell.

Auch im Bereich der Espressomaschine wohnen wir dieser Entwicklung bei, gerade durch die Unternehmenslust von La Pavoni, die mit Gio Ponti zusammenarbeiteten, einer der Schlüsselfiguren des 20. Jahrhunderts, was Gestaltung angeht, sei es auf architektonischer Ebene, im Design oder auch bei Einrichtungsgegenständen. Mit jenem Gio Ponti beginnt eine fundamentale Veränderung in der Geschichte der Espressomaschine: etwa 50 Jahre nach Ihrer Geburt ändert sie ihr Aussehen radikal. Die La Pavoni ist die erste Maschine mit horizontalem Kessel, die die vorhergehenden Modelle mit stehendem Kessel ersetzt. Mit diesem Modell will sich der Architekt nicht mehr nur auf die Gestaltung einer eleganten Karosserie beschränken, sondern setzt klare Akzente für die Funktion aller Teile der Maschine, indem er sich stromlinienförmiger Elemente bedient. Er gestaltet alle Teile aus und führt die Rundung des Kessels in einem aufregenden Schwung über in die Brühgruppen. Dieses Modell, ein echtes Monument in der Geschichte der Espressomaschine, gehört bis heute zu den am schwersten auffindbaren und wertvollsten Exemplaren, gerade wegen seines Verdienstes der Einführung epochaler Änderungen in der Gestaltung.

Durch die wertvolle Zusammenarbeit von Gio Ponti und La Pavoni sind noch weitere interessante Modelle geboren worden. Der Architekt Alberto Roselli und der Ingenieur Luigi Fornaroli haben z.B. die gefeierte Serie „Brasilia“ im Jahre 1961 kreirt. Derselbe Gio Ponti, Gründer und Herausgeber des Magazins „Domus“, schon seit den 30er Jahren eine der wichtigsten Monatszeitschriften auf dem Gebiet der Architektur, rief in Zusammenarbeit mit dem Magazin „Casabella“, einer der wichtigsten Publikationen zum Industriedesign, dessen Herausgeber Alberto Roselli ist, einen Wettbewerb für La Pavoni ins Leben, in dem es darum ging, ein neues Modell zu entwerfen. Die Ge­winner waren Bruno Munari und Enzo Mari, und ihr Modell „Concorso“.

Die beiden Designer stellten ein Modell her, dessen Karosserie aus verschiedenen zusammensetzbaren Blechelementen bestand. Die Länge der Maschine – je nach Anzahl der Brühgruppen – konnte durch die Aneinanderreihung einer verschiedenen Anzahl von Blechelementen verändert werden. Für die Farbgestaltung konnte man unterschiedlich lackierte Elemente kombinieren. Im Jahre 1961 lancierte die Firma Faema, nach verschiedenen anderen interessanten Modellen, die berühmte E61, benannt nach der Sonnenfinsternis im selben Jahr. Es handelt sich hier um eine Maschine, die mit einer elektrischen Pumpe ausgestattet wurde, und die so den bisher gebräuchlichen Handhebel überflüssig machte. Mit diesem System des Kaffeebezugs, das bis heute als Standard im Gebrauch ist, änderte Faema die Art der Zubereitung des caffè in der Bar, dank der genialen Erfindung ihres Gründers, Carlo Ernesto Valente.

Im Jahre 1962 war es ein Projekt der Brüder Castiglioni, Achille und Piergia­como, die Ihnen für das Modell Pitagora, ausgeführt für La Cimbali, die höchste Anerkennung für gutes italienisches Design einbrachte: den goldenen Kompass. Auch dies war eine wichtige Entwicklung auf der letzten Etappe unserer Reise. Dieses Modell ebnete den Weg zur leichten Wartung und leichten Massenproduktion von Espresso­ma­schinen, das dank der Fähigkeiten, die sich in allen Werken der Gebrüder Castiglioni wiederspiegelt, bis heute Gültigkeit hat.