Den ROK Espressobereiter wollten wir schon lange mal testen. Also haben wir im Internetz einen bestellt, auf den Testtisch platziert, Bohnen gemahlen, eingefüllt und die Hebel runtergedrückt.
Heilix Blechle – die sieht mal gut aus. Wir haben uns irgendwie von jetzt auf gleich in die ROK Espresso verliebt. Und das erst nicht seit gestern, sondern schon etwas länger. Eigentlich seit 2002, dem Erscheinungsjahr der „Presso“ – wie sie früher mal hieß. Erst seit 2013 firmiert sie unter dem Namen „ROK“. Der Espresso Maker sieht zwar aus wie ein überdimensionaler Korkenzieher für eine gute Flasche roten Bordeaux, doch das macht sie so einzigartig. Vielleicht ist gerade deshalb die ROK so interessant, weil sie einfach anders ist. Kaffee ohne Strom zubereiten, in Zeiten der Energiewende ein gelungenes Produkt. Ein Tusch auf den Chief Designer Patrick. Und in Zeiten von Inklusion in der Gesellschaft erst Recht, möge sie unter den anderen Espressobereitern Anerkennung und ihren Platz unter ihresgleichen finden. Stellen wir uns die Frage, ob das Gerät zu unseren anderen Kaffeebereitern der heimischen Küche passt und entsprechend Anerkennung findet oder nach dem Test eine Aussenseiterrolle fristet wird. Zur Beantwortung der Frage, bestellten wir flugs die la belle für rund 180 € im Netz, weil sie auf Herz und Nieren geprüft werden möchte.
Facelift
Um es gleich vorwegzunehmen: vor rund zwei Jahren launcht die ROK GC, die verbesserte und überarbeitete Version der ROK. „GC“ steht für glass composits (Glasverbundwerkstoff). Die Druckkammer wurde neu konstruiert und soll nach dem Facelift einen höheren Druck aushalten können. Umrüstkits auf die aktuelle Version sind für alle älteren Modelle im Zubehörhandel erhältlich.
Unboxing
Eintreffen soll die ROK in einer schmucken Blechdose. Zumindest so wurde der Espresso Maker seit Jahren angepriesen. Wir sind gespannt.
Umverpackung aus stabilem Karton öffnen. „Husch husch aus dem Körbchen“, möchte der Kaffeeliebhaber denken. Gedacht getan. Huch. Was ist das? Die Blechdose scheint dem Facelift zum Opfer gefallen zu sein. Schade, aber seien Sie ehrlich: Die ROK gehört in die heimische Auslage, genannt Vitrine, oder in die Küche – ohne Blechdose.
Material des guten Stückes: verchromtes Aluminium. Zu Beginn des Textes sprachen wir noch euphorisch vom „Heiligs Blechle“. Von dem Blech ist allerdings nicht mehr viel übrig geblieben. Schade, passt Aluminium so gar nicht mehr in die heutige Zeit, soll es doch Krebs verursachen. Allerdings sind alle direkt vom Wasser berührten Teile meist aus Kunststoff. Der mitgelieferte Siebträger ist wenigstens aus gut gestanztem und gebogenem Metall. Selbiges gilt für das passgenaue Metallsieb, welche augenscheinlich gleichmäßige und bis zur Filterwand ragende gleich bleibende Lochstanzungen aufweist. Die Feder spannt das Sieb wahnsinnig ein. Nur mit Hilfe eines Messers ist das Sieb zu lösen. Einen Siebträgerhalter für einen Single und gleichzeitigen Double-Shot mit einem Auslauf a´la Cialda-Filter? Wie soll das gehen? Ruhig Blut. Wir merken, die Unterkoffeinierung setzt langsam ein, der Tester wirk kribbelig und lechzt nach schwarzem Gold. Es ist stets hilfreich vor dem Meckern alle Umverpackungen genauestens auf Warenrückstände zu prüfen. Siehe da, ein wahrlich unscheinbares Plexiglasteilchen, welchen den „Singleauslauf“ auf ein „Doppelten“ umrüsten soll, ist mit von der Partie. Alles ist gut. Fast. Beim Aufstecken des „Verteilers“ ist Fingerspitzengefühl angesagt. Ist das aus Erdöl basierte Produkt bereits eingerastet? Vielleicht. Vielleicht auch nicht. In Anbetracht der Tatsache, dass Patrick sich mit der Konstruktion des Coffee Makers richtig Mühe gegeben und ein wohl unkaputtbares Gerät erschaffen hat, scheint ihm hier die Puste ausgegangen zu sein. Da torkelt der Auslauf in der mutmaßlichen Halterung lethargisch hin- und her. So etwas haben wir nicht erwartet. Schon gar nicht an solch einer exponierten Stelle.
Bedienungsanleitung
Welche Anleitung? Der User findet lediglich an der Maschine ein am Faden hängendes Faltkärtchen, welches drei handgemalte Bilder ziert. Von Angaben wie groß die Menge an Pulver, wie fein der Mahlgrad und wie lange die Extraktionszeit sein soll, bleibt ein Rätsel. Da heißt es wohl viel Zeit mitbringen und testen. Eigentlich nicht so verkehrt, handelt es sich um keinen „one button Kaffeevollautomat“.
Vorgehensweise
Alle mit Wasser berührten Teile müssen vor dem eigentlichen Bezug heiß sein. Schließlich wünschen wir hot Espresso statt Cold Brew. Also Siebträger ohne Filter einspannen. Hoppla, dies geschieht von rechts nach links – also Seitenverkehrt wie wir es sonst gewohnt sind. Wasser im Wasserkocher (soviel zum stromlosen Kaffee und Energiewende) zum Sieden bringen und anschließend in den schwarzen Behälter on top einfüllen. Die nach unten stehenden Flügel der ROK leicht nach oben ziehen, um so den Wasserbezug zu starten. Dies muss mehrmals durchgeführt werden, um das System innerlich zu wärmen. Leider kühlt der 2,6 Kilo leichte Alu-Kunststoff-ROK sehr schnell aus. Um der Auskühlung vorzubeugen ist schnelles Arbeiten angesagt.
Bohnen
Während wir fortan die ROK mit brühheißem Wasser füttern, mahlen wir 100 Prozent Robusta Bohnen mit dem spannenden Namen „Elfenbeinküste“ aus der Rösterei „Arabica“ aus Ludwigsburg. Als Mahlgrad testen wir eine für Siebträger geeignete Espresso-Einstellung und wiegen exakt 15 Gramm ab. Aufgrund der kleinen Filtergröße beim Einfüllen Acht geben, sonst landet ein Großteil des Mahlgutes unschön auf der Arbeitsfläche. Als sinnvolle Ergänzung liegt ein kombinierter Messlöffel und Tamper bei. Aufgrund der etwas unglücklichen Konstruktion ist der Tamper nur bedingt zu gebrauchen, da ein Kunststoffteil ein ebenes Tampern verhindert. Ein Fall fürs nächste Facelift oder der im Zubehör zu findende massive und schwere ROK-Tamper.
It´s ROK´n Roll time
Endlich nähern wir uns dem Höhepunkt. Der Spannungsbogen wächst. Stellen wir die Flügel unserer ROK in die untere Ausgangsposition, füllen „Pi mal Daumen“ rund 60 Milliliter ein in das obere schwarze Loch und ziehen die Hebel laaaaangsam nach oben. Wie von Geisterhand verschwindet das heiße Wasser im schwarzen Ausguss oder netter gesagt im „Druckstempel“. In Stellung „oben“ beginnt der Pre-Brew. Eine tolle Sache, die Zeit des Vorbrühens kennt keine Grenzen und kann individuell gestaltet werden. Nun bauen wir Druck auf, nach rund einer Sekunde rinnt das Wasser fast widerstandslos durch den Filter. Die nicht vorhandene Qualität ist unschwer zu erkennen. So trinken wir keinen Espresso. Die komplette Prozedur – die Fütterung des Gerätes mit heißem Wasser, Leerbezug, Bohnen mahlen – dieses Mal mit einem noch feineren Mahlgrad – wird wiederholt. Ergebnis? Besser. Trotz des mächtigen Robustas ist eine Crema nur ansatzweise zu erkennen, der Espresso ist lauwarm und schmeckt wie eingeschlafene saure Füße. Nach Entnahme des Portafilters ist unschwer auch hier der Klimawandel zu erkennen: der Puk sieht wie ein Acker aus dem Jahr 2018 aus – trocken und durchzogen mit Rissen. Wir geben nicht auf und testen weiter. Irgendwie ist der Spannungsbogen überspannt, so eine rechte Lust verspüren wir nicht mehr nach neuem Kaffee. Dennoch lassen wir uns nicht beirren. Mehrere Versuche mit einem stetigen feineren Mahlgrad plus Mengenerhöhung später, lassen wir unsere Muckis richtig spielen, drücken wie die Ochsen die Flügel nach einer acht sekündigen Quellphase des Mahlgutes gen Erdmittelpunkt und bringen das labberige aus Weichkunststoff gefertigte Duschsieb zum Kollaps. Wasser tropft unkontrolliert aus dem Maschinchen. Aber siehe da: auch ein Espresso mit annehmbarer Crema und endlich feinerem Duft. Wir sind verblüfft. Der sensorische Test bringt eine leichte kaum wahrnehmbare Säure, eine deutlich erkennbare Süße und tatata die Lust auf mehr. Nur müssen wir uns mit einem mittelmäßig warmen Espessso begnügen. Naja, Lippen verbrennt sich bei der ROK wohl niemand. Ein kleiner Trost. Der Puk, wir hätten es nicht anders erwartet, gleicht einem Acker der unter der Sinnflut gelitten hat. Weitere Einstellungsveränderungen bringen ein Plus an Geschmack hervor. Allerdings auch dort in lauwarmer Form.
Revisionierbareikeit
Mit vier Inbusschrauben ist sowohl das Duschsieb als auch der innen liegende Stempel recht komfortabel zu reinigen. Selbstredend können Verschleißteile auch von Laien unkompliziert ersetzt werden. Gut gemacht!
Inklusion oder Exklusion?
Es ist unbestritten, die ROK rockt die Küche und zeigt manchem schnöden und einfallslosen Herdkocherchen, wie Design heute geht und was aus Alu gezaubert werden kann. Hegen Sie noch Bedenken gegen eine Inklusion? kein Problem. Den letzten Rest an Skepsis verdrängen sowohl der bodenlose Siebträger, der massive Tamper und für schlappe 190 € die passende Handmühle. Das Design aller Produkte sind die wahren Schätze der Gerätschaften. Sensorisch allerdings muss sie sich seinen beliebten Konkurrenten geschlagen geben.
Unser Segen für die Inklusion hat die ROK. Wir wünschen unserem Dauergast in der Küche allzeit gutes Aussehen und einen wunderbaren und wenig arbeitsreichen Start in den Alltag.