Kaffee & Afrika

Weltweit werden täglich zwei Milliarden Tassen Kaffee getrunken. Die wenigsten davon in Afrika. Doch die Liebe der Menschen zum Kaffee nahm genau dort ihren Anfang und dazu gibt es eine interessante Geschichte zu erzählen.

Der Überlieferung zufolge traf ein Ziegenhirte namens Kaldi seine Herde dabei an, wie sie auf dem Hochland von Äthiopien in den nahe gelegenen Sträuchern Beeren von den Zweigen zupfte. Ihm fiel auf, dass seine Ziegen, die normalerweise eher träge waren, mit einem Mal äußerst lebhaft wirkten. Er nahm an, dass es an den Beeren liegen müsse, kostete er von ihnen, fühlte er sich belebt. Es dauerte nicht lange und das Wissen um die stimulierende Wirkung von Kaffee verbreitete sich über die ganze Welt.

Auch heute noch wird afrikanischer Kaffee von Kennern für seine einzigartige Qualität und seinen intensiven Geschmack gepriesen. Um Ihnen eine Vorstellung von der Vielfalt afrikanischer Kaffeesorten zu geben: alleine in Äthiopien, Afrikas größtem Kaffeeanbaugebiet, sind fünftausend verschiedene Unterarten von Arabica bekannt, der weltweit begehrtesten Kaffeesorte. Hingegen kennen Länder wie Brasilien und Kolumbien nur ungefähr zwanzig Unterarten. Obgleich Kaffee ursprünglich aus Afrika kommt und das Potenzial des Kontinents für den Kaffeeanbau gewaltig ist, ist sein Beitrag von dreißig Prozent Weltmarktanteil in den Siebzigerjahren auf heute nur noch zehn Prozent gefallen.

Die derzeit größten Kaffeeproduzenten sind Brasilien, Vietnam, Kolumbien und Indonesien. Trotz der gegenwärtigen Dominanz Südamerikas und Südostasiens in den

Geschäftsfeldern des Kaffeeanbaus und –vertriebs, scheint sich für Afrika im Kaffeegeschäft eine gewaltige lukrative Gelegenheit aufzutun. Trotz Afrikas schlechter Platzierung in der globalen Kaffeeproduktion gibt es drei interessante Gründe, warum sich für den Kontinent gerade jetzt eine einmalige Gelegenheit im Kaffeegeschäft ergibt:

1. Steigende globale Nachfrage und sinkendes Angebot

Schätzungen zufolge wird der globale Kaffeekonsum bis zum Jahr 2030 auf zweihundert Millionen Sack ansteigen. Eine dreißigprozentige Steigerung des gegenwärtigen Verbrauchs. Das bedeutet, dass die Kaffeebauern der Welt ihre gegenwärtige Produktion in den nächsten zehn Jahren um fünfzig Millionen Sack Kaffee steigern müssen, damit der wachsende Bedarf gedeckt werden kann. Diese Wachstumsprognose ist für die Produzenten zwar eine gute Nachricht, doch haben sie bereits jetzt ihr Produktionslimit erreicht.

Im Jahr 2014 fehlten weltweit 6,4 Millionen Sack Kaffee. Im Produktionsjahr 2015/16 hat das Defizit bereits 3,5 Millionen Sack Kaffee erreicht. Auch Brasilien, der weltgrößte Kaffeeanbauer, will keine weiteren Plantagen anlegen. Und deshalb ist jetzt genau der richtige Zeitpunkt für afrikanische Produzenten. Unser Kontinent hat das erforderliche Potenzial, um die Versorgungslücke auf dem internationalen Markt zu schließen.

Gegenwärtig sitzen die führenden Kaffeeproduzenten Afrikas in Äthiopien, der Elfenbeinküste, Kenia, Tansania, Uganda, Ruanda, Madagaskar und noch einer Handvoll weiterer Länder. Äthiopien und Uganda zusammengenommen sind bereits verantwortlich für sechzig Prozent des afrikanischen Ertrags. Da die meisten Gebiete Afrikas südlich der Sahara biophysikalisch für den Kaffeeanbau geeignet sind, verfügt der Kontinent gegenwärtig über eine gewaltige ungenutzte Kapazität, um den internationalen Markt mit Kaffee zu versorgen.

2. Ein riesiger und bisher unerschlossener Kaffeebinnenmarkt

In Afrika rangiert der Kaffeekonsum weltweit am unteren Ende, und dafür gibt es einen Grund. Historisch gesehen wurde Kaffee in Afrika von jeher für den Export angebaut. Auch führende Kaffeeanbauer wie Kenia und Uganda haben eher eine dominierende Teekultur. Der durchschnittliche Prokopfverbrauch von Kaffee in Europa, liegt bei ungefähr neun Kilogramm pro Jahr. In Schwellenländern wie zum Beispiel Brasilien erreicht er durchschnittlich sechs Kilogramm. In Afrika hingegen werden pro Kopf und Jahr weniger als ein Kilogramm Kaffee konsumiert und lediglich Äthiopien erreicht den afrikanischen Spitzenwert von 2,2 Kilogramm.

Wenn es um Kaffeekonsum geht, ist in Anbetracht von Afrikas großer, junger Bevölkerung und seiner rasch wachsenden Mittelschicht viel Spielraum für Wachstum vorhanden, insbesondere auf den großen Märkten wie etwa Nigeria, Südafrika, Angola und noch einigen anderen. Im Juli 2015 verkündete „Starbucks“ – der weltweit größte und populärste Kaffeegigant – seinen Abschluss mit einem örtlichen Franchisepartner, der in den nächsten fünfundzwanzig Jahren Südafrika mit einem Netz von „Starbucks“-Caféfilialen überziehen will.

3. Eine wachsende Nachfrage bei Spezialitätenkaffee

Und jetzt wird es interessant. Spezialitätenkaffee ist eine wahre Goldmine für Afrika. Damit bezeichnet man Kaffeebohnen, die aufgrund des Mikroklimas und des Bodens im Anbaugebiet über ein besonderes Aroma und einen einzigartigen Geschmack verfügen. Weltweit zieht die Nachfrage nach Spezialitätenkaffee gegenwärtig an den „normalen“ Kaffeesorten vorbei. Kein Wunder also, dass die wichtigsten Händler in Nordamerika und Europa ihre Lager mit Spezialitätenkaffee füllen, da inzwischen auf ihn jede zweite Tasse Kaffee, die in Amerika getrunken wird, und in Europa vierzig Prozent des Kaffeekonsums entfallen. Und wissen Sie was? Afrika ist berühmt für seine zahllosen unterschiedlichen Kaffeesorten. Und deshalb werden Produzenten von Spezialitätenkaffee in Äthiopien, Kenia, Ruanda, Südsudan, Tansania, Kamerun, Sambia, Burundi und im Kongo ausnehmend von der wachsenden globalen Nachfrage profitieren.

Kenia

Kaffee aus Kenia ist bekannt für sein vollmundiges Aroma, seinen starken Duft, eine gehaltvolle Säure und seinen weinähnlichen Nachgeschmack. Die Regierung engagiert sich sehr für die kenianische Kaffeeproduktion, belohnt Pflanzer mit höheren Preisen für höhere Qualität und sorgt dafür, dass das Äquatorland nur auf höchstem Niveau produziert.

Äthiopien

Es wird angenommen, dass in Äthiopien bereits um 800 nach Christi Kaffeebeeren von wilden Bäumen genutzt wurden und dass hier der Ursprung der Kaffeekultur liegt. In seinen Anbaugebieten Sidamo, Harar und Kaffa produziert das Land eine erstaunliche Bandbreite köstlichster Kaffeesorten. Das Wort „Kaffee“ hat seinen Ursprung übrigens im Namen Kaffa, so heißt die Provinz, die für ihre Arabica-Bäume bekannt ist. Seine Vollmundigkeit und sein Körperreichtum haben äthiopischen Kaffee mit seinen blumigen und fruchtigen Eigenschaften überall auf der Welt bekannt gemacht.

Demokratische Republik Kongo

Die Demokratische Republik Kongo ist einer der größten Kaffeeproduzenten des Kontinents mit klarem Bekenntnis zur Qualität. Kleine Höfe verstreut über das ganze Land produzieren Sorten sowohl für Robusta- als auch Arabica-Mischungen, und verarbeiten sie nach der Trockenaufbereitungsmethode. Solche Bauernhöfe finden sich überall in den Regionen des Nordens, des Ostens sowie des zentralen Beckens.

Uganda

Das Land ist einer der größten Kaffee-Exporteure Afrikas und schlägt, weitgehend aufgrund seines geringen Eigenkonsums von weniger als zwei Prozent, sogar Äthiopien. Die Robusta-Bäume Ugandas gehören zu den weltweit besten. Insbesondere Mischungen aus der Provinz Bugisu haben eine international weitverbreitete Fangemeinde und sorgen dafür, dass ugandischer Kaffee auch in Zukunft auf dem globalen Markt präsent sein wird.

Burundi

Kaffee ist für Burundi inzwischen zu einem bedeutenden Wirtschaftsprodukt geworden. Kleinbauern in den nördlichen Regionen begannen mit dem Kaffeeanbau der Unterarten Arabica und Robusta, seit Kaffee in den 30er-Jahren von den Belgiern eingeführt wurde. Mit seiner satten Würze, feinen Fruchtnuancen und heller Farbe ist burundischer Kaffee de facto Biokaffee, da die meisten Bauern keine Agrarchemikalien einsetzen, um die Produktionskosten niedrig und die Qualität hochzuhalten.

Madagaskar

Nahezu ein Drittel der madagassischen Exportwirtschaft entfällt auf die Kaffeeproduktion. Überall auf der Insel wird Kaffee der Unterarten Robusta, Arabica und Excelsa angebaut. Mehr als neunzig Prozent des Kaffees wird von Kleinbauern produziert. Viele entscheiden sich außerdem, einmal jährlich wilde Kaffeebeeren zu ernten, um Kaffee höherer Qualität zu produzieren.

Elfenbeinküste

Man nimmt an, dass nahezu fünfundvierzig Prozent der Bevölkerung ihren Lebensunterhalt in der Kaffeeproduktion verdienen. Die Qualität ivorischen Kaffees war seit Mitte der Neunzigerjahre gesunken, als der Kaffeeboom das Land veranlasste, in die Massenproduktion einzusteigen. Doch seither hat das Land viel in seine Rückkehr zum Weltniveau investiert. Ivorischer Robusta-Spezialitätenkaffee erfreut sich besonderer Beliebtheit.

Kamerun

Der würzige Geschmack kamerunischer Arabicas hat dem Land einen exzellenten Ruf eingebracht. Doch sind es überwiegend Robusta-Mischungen in Standard-Konsum-Qualität für Kaffeemischungen, die dem Land internationale Beachtung garantieren. Und das, obgleich die Produktion nicht so hoch ausfällt, wie sie es eigentlich könnte (die Bauern bauen zwischen den Kaffeebäumen Grundnahrungsmittel an und berauben den Bäumen daher eines Großteils des Düngers). Kameruns hervorragend geeignetes Klimagleichgewicht ermöglicht Kaffee höchster Qualität.

Angola

Langsam erholt sich Angola von dem Bürgerkrieg und den Hungersnöten in den Neunzehnhundertsiebziger und -achtzigerjahren und baut seinen Kaffee-Export nach und nach wieder auf. Die Robusta-Produktion verzeichnet Jahr um Jahr Zuwachs. Seit die Portugiesen vor Jahrzehnten die Kaffeepflanze einführten, spielen Kaffee-Exporte nach Europa und Nordamerika in der angolanischen Wirtschaft eine Schlüsselrolle.

Tansania

In diesem ostafrikanischen Land wird Kaffee vor allem an der Grenze zu Kenia an den Hängen des Kilimandscharo und außerdem weiter im Süden in der Region zwischen Njassa- und Tanganjikasee angebaut. Tansanischer Kaffee wird geschätzt wegen seines vollen Körpers, seiner weinwürzigen Säure und einer konsistenten grazilen Fülle. Insbesondere die Kenner, die dunkle Röstungen und intensiveren Geschmack zu schätzen wissen sind begeistert.

Senegal

In Senegal hat Kaffee eine lange Tradition. Doch in diesem westafrikanischen Land wird das belebende Getränk auf besondere Weise zubereitet: als Café Touba. Dieses Rezept wurde im 19. Jahrhundert vervollkommnet und liegt der Kaffeezubereitung überall in Stadt und Land zugrunde. Erst bereitet man den Kaffee aus einer starken Mischung von Arabicas zu – am besten aus solchen Sorten, die aus dem Senegal selbst stammen. Dann wird das Getränk mit Nelken und Guineapfeffer gewürzt. Serviert wird Café Touba mit Zucker, mit sehr viel Zucker.

Malawi

Das Land exportiert Arabica-Kaffee und bietet hochqualitative Ware an, voll im Körper und harmonisch im Geschmack. Jedoch gelangt nur ein sehr geringer Anteil der jeweiligen Jahresernte in die Industrieländer. Wenn es Ihnen also gelingt, etwas davon zu ergattern, dann nutzen Sie die Gelegenheit, malawischen Kaffee kennenzulernen. Sie werden feststellen, dass er absolut mit den ostafrikanischen Sorten mithalten kann, im Stil jedoch lieblicher und blumiger ist. Das Land investiert gerade viel in die Vergrößerung der Anbaugebiete und die Verarbeitung und sollte unbedingt im Auge behalten werden.

Ruanda

Da es mit fruchtbaren Böden gesegnet ist, produziert Ruanda qualitativ hochwertigen Kaffee. Häufig wird Ruanda als das „Land der tausend Hügel“ bezeichnet. Folglich erfolgt der Kaffeeanbau auf Höhen zwischen zweihundert und 1.700 Meter über dem Meeresspiegel. Ruandas Kaffee könnte Weltklasse sein: Er ist von einer angenehmen Fruchtigkeit, und ihm wird nachgesagt, dass er ausgeglichener ist als sein kenianisches Pendant.

Nigeria

In Nigeria verzeichnet die Kaffeekultur rasch steigende Wachstumsraten, weil Geld ins Land kommt. Zwar ist der hier produzierte Kaffee noch keine Spitzenqualität, doch das Interesse am Kaffeekonsum ist groß und man entwickelt einen immer anspruchsvolleren Geschmack.

Eritrea

Da Eritrea bis zu seinem Volksentscheid für die Abspaltung ein Landesteil Äthiopiens war, hat es die traditionelle Kaffeekultur und -zeremonie, die üblicherweise eher mit Äthiopien in Verbindung gebracht wird, weiterhin mit dem Nachbarland gemeinsam. Das Kaffeezeremoniell ist ein täglich wiederkehrendes Ritual, das von eritreischen Frauen praktiziert wird, um das Beisammensein von Freunden und Familienmitgliedern würdig zu feiern. Der Kaffeeanbau selbst ist in Eritrea nicht einfach, da die durchschnittliche jährliche Niederschlagsmenge unter 300 mm liegt.