Mazzer Mini im Test

„Wer A sagt, muss auch B sagen“. Das ist Fakt. Nun werden wir aber Besserwisserisch und betreiben Wortklauberei. Denn: „Wer A sagt, kann auch gerne B sagen“. Wer trifft diese Aussage? Wir. Und haben damit Recht. Schuld daran ist der gute Luigi Mazzer, der den ursprünglichen Spruch ziemlich durcheinander bringt. Und das streng genommen seit 71 Jahren, denn so lange konstruiert die Firma aus Scorzè, welche sich in der Nähe von bella Venezia befindet, ausschließlich Mühlen. Und das ist auch gut so. Mit einem Modell begonnen, blickt der Kunde heute auf ein umfangreiches Produktportfolio. So auf die Mazzer Mini A und Mini B.

Auswahl

Die Auswahl an weiteren Mühlen ist zwischenzeitlich mannigfaltig und fast schon unüberschaubar. Namen wie Robur, Kold, Kony, Lux , DR und Major zeigen die unterschiedlichen Mühlensegmente mit zum Teil marginalen Unterschieden wie Motorenleistung und Größe der Beanhopper sowie Mahlscheiben. Die neben der Serie „Mini“ wohl bekannteste ist die „Super Jolly“, welche häufig im Gastrobereich eingesetzt wird. Oft als Gebrauchtmodell gehandelt und von Privatpersonen erstanden, scheitert die Aufstellung meist wegen der Mächtigkeit der bella macchina und dem niedrigen Hängeschrank in der Küche.

So, und hier beginnt die Sternstunde der Mazzer Mini. Nehmen wir flugs die Datenblätter und vergleichen: Mazzer Mini Höhe 470 mm, Super Jolly 610 mm und – eigentlich nicht zu erwähnen – Major 635 mm. Da schlägt in dem Falle ausnahmsweise „Unter“ den „Ober“, die Hängeschrankfraktion wird uns beipflichten. Die „Super Jolly“ verfügt wie die Mazzer Mini über 64 mm Mahlschreiben, was zu vielen anderen Konkurrenten ein klares Plus darstellt, da teilweise 54 mm oder gar 58 mm Scheiben verbaut sind. Lediglich die Major verfügt über 83 mm Blades und hat im Gegensatz zur „Mini“ mit 250 Watt, „Super Jolly“ 350 Watt, für die Homebaristas kopfschüttelnde 650 Watt. Die „Mini“ würde sich in der Lagune von Venezia wie eine wendige Gondel bewegen, während die Major mit ihren 20 kg Kampfgewicht eher einem statischen Flugzeugträger auf dem Canale Grande stünde.

Mazzer Mini A oder Mini B?

So genug über den Teller- äh Bohnenrand geguckt, kommen wir zu dem Dauerbrenner „Mini“. Die Firma Mazzer, die im übrigen nicht „Maiser“ sondern hart italienisch „Matzer“ gesprochen wird, macht es einem nicht einfacher. Denn neben der schmucken Mazzer „Mini A“ findet der interessierte Kunde ebenso eine nicht minder schöne „Mini B“ im Angebotsregal. Die Unterschiede der Beiden sind schnell abgehandelt: Während die erste Serie „B“, durch die ungenaue Mahldauerverstellung per Potentiometer auffiel und wohl aufgrund dessen eher ein Nischendasein fristete, stellte Mazzer Ende 2015 auf der „Host“ in Mailand und „Sigep“ in Rimini die „Rinnovata B“ vor. Seit der Umstellung geschieht die Verstellung wie bei der „A“ nun tupfengleich per Digitaljustierung an drei Knöpfen. Alle Tasten sind am unteren Body der Mazzer zu finden.

Bedienung mit einer Hand

Man könnte die Bedienung auch „one hand only“ nennen. Per kleinem Drucktaster hinter dem abgelegten Siebträgerhalter erwacht der 250 Watt Motor zum Leben. Wenn es gewünscht wird, kann der User schnell noch mit der freien anderen Hand einige erlesene Bohnen während des Mahlvorganges im Netz ordern. Nicht schlecht, oder? Sie fragen sich jetzt bestimmt wie das Maschinchen zwischen einem und zwei Bezügen unterscheidet? Gar nicht. Einmal betätigen entspricht „singolare polvere di café“, zweimal drücken „doppio polvere“. That´s it.

Wenn wir schon beim Italienischen sind: questo é tutto. Ein weiterer und letzter Unterschied zwischen der „A“ und „B“ ist der Behälterdeckel. Während trotz der Aufhübschung der „B“ nach wie vor ein schnöder Plastikdeckel den Trichter ziert, thront in Silber das Cockpit mit sechs Tasten und rotem vierstelligem Display im Hause der Schwester „A“. Bei der cockpitlastigen „A“ muss mit einem Finger zwischen den Mahlarten gewählt werden. Einmal den Einschalter betätigt, nachdem das laaaange Gummikabel nebst Stecker in die Schukosteckdose eingeschleift wurde (Herr Mazzer hat uns erhört und spendete den Maschinen ein feudal laaaanges Kabel – mille grazie!) zeigt das Display die Gesamtbezüge dauerhaft an. Müsste nicht sein, schaden tut es allerdings auch nicht.

Einstellung der Mahlmenge

Die Programmierung ist einfach wie simpel. „Menu“-Knopf rund drei Sekunden betätigen, anschließend schaltet der Modus auf „Programmierung“. Sie finden das Wort „Programmierung“ zu hochgestochen? Wir auch. Anschließend die Bezugstaste für Einen- oder Doppelte Pulvermenge wählen. Nun wird die Motorlaufdauer in Sekunden angezeigt. Wenn eine Verstellung erwünscht ist, nur per „+“- und „-„ Tasten die Bezugsdauer verstellen. Die Minis sind nicht gerade für ihre flotte Arbeitsweise bekannt: für 14 Gramm sind rund 17 Sekunden einzuplanen. Doch genau hier liegt nun der Hase nicht ganz im Pfeffer. Sorry, Ostern ist schon längst vorüber, dennoch: Die Mühle ist nicht ganz so schlau wie die der ein oder anderen Konkurrentinnen: da 7 Gramm zum Beispiel 9 Sekunden sind aber 14 Gramm nicht 18 Sekunden – aufgrund Motorenanlauf etc., muss die Mühle bei einer Verstellung (1 oder 2 Tassen) langwierig nachjustiert werden. Mitbieter justieren die noch nicht geänderte Menge einfach mit. Ohne händisches Einstellen. Zweites großes Manko ist die erstmalige Einstellung der Mahlmenge. Vor Beginn des Mahlprozesses muss die Zeitdauer eingestellt werden. Ob diese zu viel oder zu gering bemessen ist – schaun´ wir mal. Die Kaffeemenge Pi mal Daumen überschlagen bringt nichts, schließlich bewegen wir uns bei der Herstellung von Espresso auf dem Präzisionsniveau eines Schwarzwälder Feinuhrenwerkes. Diese Einstellungen vorzunehmen ist mega lästig und mega nervig. Vor allem wenn die Bohnensorte von Zeit zu Zeit gewechselt werden soll, geschieht das „Einmahlen“ immer von vorne. Wir brauchen für das unnötige Handling rund eine Viertelstunde. Einfach zu lange.

Der Crema Tipp

Um die Kaffeepulvermenge immer exakt zu bestimmen ist die Arbeit mit einer Feinwaage (ab rund 10 Euro) unerlässlich. Je nach Bohnensorte und Geschmack brauchts 12 – 18 Gramm in unterschiedlichen Mahlgraden. Denken Sie daran, dass auch die Mazzer einer Streuung in der Pulvermenge von ca. + / – 0,5 Gramm besitzt. Mühle von dem ersten Mahlvorgang eher kürzer einstellen, Mahlvorgang durchführen und anschließend die Menge auf dem Display der Waage ablesen und die Motorlaufdauer in Stufen anpassen. So geht´s am einfachsten und schont die Nerven des Kaffeehungrigen immens. Oder stets die Waage benutzen und die „Hand“-Taste so lange gedrückt halten, bis die gewünschte Pulvermenge im Siebträger gelandet ist. Dann würde auch eine „Manuale“ Mühle genügen, die jedoch vor langem aus dem Portfolio geworfen wurde.

Der Crema Crema Tipp

Wer träumt nicht von einer größen Mühle mit einer Bezugsdauer von drei Sekunden für 14 Gramm? Seien Sie ehrlich… Allerdings sei gesagt: je größer die Mahlscheiben, desto größer ist der Totraum. Der zeigt die im Mahlraum verbleibende Pulvermenge. Somit „muss“ und nicht „sollte“ beim ersten Bezug nach einer Standzeit von rund einem Tag genau diese Pulvermenge im Biomüll landen. Bei der von uns getesteten Mühle liegt der Totraum bei rund vier bis sechs Gramm.

Stärken der Mazzer Mini

Wir haben uns blutdruckmäßig zwischenzeitlich in die Tiefe gefahren und widmen uns den schönen Dingen der Maschine, die sie sehr wohl und reichlich hat. Eine rasterlose Feinjustierung zum Beispiel. Sämtliche Einstellungen des Mahlgrades geschehen mühelos. Veränderungen von einer Kerbe am Verstellkranz reichen in der Regel schon aus. Eine händisch einzudrehende Schraube auf der Oberseite der Mahlgradverstellung verhindert ein unbeabsichtigtes verstellen des Mahlgrades. Unter der Programmiereinheit befindlichen Trichter sieht gut aus und beugt nebenbei der Sauerei wegen verkleckertem Pulver außerhalb des Siebträgerhalters vor. Am unteren Teil des Bohnenhoppers befindet sich ein Schieber, der die Bohnenzufuhr trennt. So kann bequem der Bohnenbehälter vom Gerät getrennt werden.

Die Mahlqualität der Mazzer Mini überzeugt

Die verbauten 64 mm Mahlscheiben bringen bei einigen Espressosorten wie dem 100 % Robusta aus der Ziener Rösterei Schwäbisch Gmünd (Indien Parchment AB) ein hervorragendes Bild hervor. Auch mit dem Lucafé „Espresso Classic“ ist das Ergebnis gut, wenn auch etwas schollig – was aber den Gesamteindruck nur marginal trübt. Sollte die Mahlqualität leiden, könnten verschlissene Scheiben der Grund dafür sein. Allerdings müssen laut Hersteller rund 130 kg Bohnen oder rund 18.000 Einzelbezüge die Mühle durchlaufen, bis der Tausch fällig wird. Die Mahlscheiben können ohne größeren Aufwand getauscht werden. Kostenpunkt rund 40 Euro – eine faire Preisansage.

Zubehör

Mit Blick ins Zubehörregal offeriert Mazzer einige Nettigkeiten wie einem Standalone Tamper sowie kleineren 320 g statt dem 600 g Standarthopper oder gar einem Magnum-ein-Kilo-Hopper für die Kaffeejunkies. Wer jedem zeigen möchte, dass er DER Mazzer unter uns ist, gibt’s Caps und Poloshirts obendrein.

Doch das Beste kommt zum Schluss: Jeder weiß um die Wichtigkeit von frischen Bohnen. Volle Hopper mit Kaffee, die eine Woche dort verweilen, verlieren immens an Geschmack und Crema. Daher bieten wenige Anbieter speziell für Mazzer einen Tageshopper an. Er sieht gelinde gesagt etwas abschreckend aus, bringt bei korrekter Handhabung enorme Frischevorteile. Für 79,00 € keine günstige aber eine absolut lohnende Investition.

Catch it or leave it?

Alle Produkte der Fima Mazzer sind lohnenswerte Produkte, die nahezu unkaputtbar sind, weil sehr hochwertig gefertigt. Schon die Mazzer Mini bringt rund 10 Kilogramm auf die Waage und stellt einen soliden Einstieg in die Welt der Oberklasse dar. Preisspanne zwischen 610 € und 670 € je nach Farbgebung.

Ob es die „A“ oder doch die „B“ sein soll ist technisch unerheblich und stellt lediglich eine Frage des persönlichen Geschmack des Betrachters dar. Fazit: „Wer A sagt, kann auch gerne B sagen“ – wir hatten also doch Recht.