„Röster des Jahres“ 2016 ist die Bonafede Privatrösterei. Wir gratulieren Rosario Bonafede und seinem Team zum Titel. Sizilianische Wurzeln und die Liebe zum Eis brachten ihn zum Kaffee.
Als Rosario Bonafede der Anruf der crema-Redaktion erreicht, in dem ihm mitgeteilt wird, dass er „Röster des Jahres“ geworden ist, joggt er gerade durch den Wald. „Ich musste erstmal tief durchatmen und bin dann die restliche Strecke mit einem breiten Grinsen und bestimmt doppelt so schnell weitergelaufen“, erinnert sich Rosario an diesen Moment. Etwa zwei Wochen später treffen wir den sympathischen Pfälzer mit den italienischen Wurzeln und den wachen Augen an einem Samstagvormittag in seiner Rösterei in Hockenheim. Der förmliche Teil mit der Übergabe der Urkunde ist schnell erledigt und bei einem Cappuccino von Barista Anna zubereitet, fängt Rosario an zu erzählen.
Er berichtet von seinen Eltern, die damals wegen der Arbeit im nahen Chemiewerk aus Sizilien nach Deutschland kamen, erzählt davon, wie er bereits als Kind seinen ersten Kaffee trank und sich damals sein Berufswunsch formte: nein, nicht etwa Röster, sondern Eismacher. „Viele unserer Landsleute aus Sizilien hatten damals Eiscafés eröffnet. Wir nicht. Leider. 1998 übernahm ich dann aber tatsächlich ein Eiscafé in Frankenthal. Jung und noch voller Enthusiasmus ließ ich mich voll und ganz auf das Abenteuer als Unternehmer ein“, berichtet der „Röster des Jahres“.
Über Eis zum Kaffee
Dass er nicht „Eismacher des Jahres“ geworden ist, liegt am zweiten Teil des Wortes Eiscafé. „Natürlich schenkte er dort auch Kaffee aus. Erst für seine Kunden, dann für seine Passion: „Meine Leidenschaft zur Bohne war entdeckt. Das hieß für mich zunächst, den besten Espresso und den besten Cappuccino mit viel Liebe und Leidenschaft anzubieten. Dabei war es eine Selbstverständlichkeit, hochwertige Produkte einzusetzen. Sparen durch geringen Wareneinsatz oder an der Qualität der Rohstoffe gehörte nie zu meiner Philosophie“, berichtet uns Rosario.
In den darauf folgenden Jahren stellte er dann fest, dass er mit seinem Anspruch an guten Kaffee – neben wenigen Anderen – eine Ausnahme darstellte und in der Welt der Eiscafés die Bedeutung dann doch wieder mehr auf dem ersten Teil des Wortes lag. Kaffee spielte keine Hauptrolle. Kein Zustand, der den jungen Bonafede zufrieden stellte. Deshalb beschloss er kurzerhand, Eiscafés in Sachen Kaffee zu beraten. Um seinen Ansprüchen zu genügen, blieb es natürlich nicht aus, dem Geheimnis der Bohne selbst auf die Spur zu kommen und so kam es, dass er sich mit dem Thema Kaffeerösten auseinandersetzte. „Das konnte ja nun nicht so schwer sein“, berichtet er schmunzelnd über diesen Impuls, dem er zunächst mit einem Röstkurs bei einem großen Hersteller folgte, um sogleich festzustellen: „die wollten aber nur ihre Maschinen verkaufen. Wirklich schlauer war ich hinterher nicht.“
Die ersten Röstversuche
Trotzdem fing er danach an, in einer Garage selbst zu rösten. Sein Ziel schon damals: Nur hochwertige Qualität und eine langsame traditionelle Röstung sollten einen unverwechselbaren Geschmack ergeben. Es folgten jedoch zunächst Rückschläge und die Erkenntnis, dass es nicht einfach war, dieses Ziel zu erreichen. Zum einen fehlten der gleiche Enthusiasmus und Qualitätsanspruch bei den damaligen Gastrokunden. „Zum anderen zeigte sich nach meinen ersten Rösterfahrungen und bis dato drei eingesetzten Röstmaschinen, dass keine dieser Röster Kaffee hervorbrachte, wie ich es mir vorgestellt hatte. Insbesondere bei Röstmaschine No. 3 – welche überhaupt nicht meinen Qualitätsansprüchen genügte – lernte ich am meisten über das Rösten.
Das Ergebnis, das dieser Röster lieferte, war absolut nicht zufriedenstellend und der Lieferant sah dies nicht wirklich ein. Also nahm ich mein Schicksal in die Hand und versuchte in einer kleinen selbst gebauten Rösttrommel herauszufinden, wie sich die Bohnen in der Trommel verhalten müssen, damit ein optimales Ergebnis entsteht. Ein Freund und ich haben wochenlang die Rösttrommel neu gestaltet, auseinander geflext und wieder zusammengeschweißt – immer und immer wieder.
Zu dieser Zeit war ich äußerst verärgert und frustriert, doch im Nachhinein weiß ich, dass ich in dieser Phase am meisten über die Einflussfaktoren von der Drehgeschwindigkeit der Trommel, der Luftzufuhr, der Schaufelanordnung und der Oberfläche der Trommel auf das Ergebnis lernte. Am Ende hatten wir unsere eigene Röstmaschine gebaut und sehr viel Röst-Know-how gewonnen. Nichtsdestotrotz kam ich nicht wirklich weiter. Kurzerhand und ohne Kosten und Mühen zu scheuen, habe ich mir dann Röstmaschine No. 4 angeschafft. Mit ein paar Verbesserungen haben wir in kürzester Zeit beste Qualität erreicht und konnten nun endlich in eine hochwertige Produktionsphase starten. Nun fehlte es aber noch an jenen Kunden, welche die Leidenschaft für Kaffee teilten.“ erzählt uns Rosario beim zweiten Cappu.
Die eigene Rösterei
Zwischenzeitlich hat sich der kleine Caféraum in der Rösterei mit einigen Gästen gefüllt. Uns fällt auf, dass alle zunächst ihre Bohnen kaufen und anschließend keine Anstalten machen zu gehen. Niemand ist zufällig hier – dafür liegt Bonafede zu ungünstig, mitten in einem schmucklosen Industriegebiet. Doch alle wollen bleiben. Es wird gelacht, fachgesimpelt und darüber berichtet, wie sich die Röstung von letzten Samstag in der Maschine oder beim Aufbrühen gemacht hat. So geht es sonst wohl nur Freitagnachmittag in einer Vinothek zu. Doch es ist nicht Wein, der hier die Zunge löst, es ist exzellenter Kaffee. Und man merkt, Rosario Bonafede hat sie letztlich gefunden, die Kunden, die seine Leidenschaft für Kaffee teilen. Und sie ihn.
Fragt man ihn nach seinem Geheimnis, sind es weniger die Worte, die eine Antwort geben, als vielmehr sein Strahlen, wenn er vom Rohkaffeeeinkauf aus fairem Handel, von Parzellenkaffees oder den unterschiedlichen Temperaturen beim Rösten erzählt: „Ich versuche aus jeder Bohne ihr Geheimnis heraus zu kitzeln. Die Qualität der Rohkaffeebohnen ist dabei die Grundlage. Der direkte Handel von Farmkaffees und Mikrolots garantiert uns das. Zusätzlich unterstützen wir nachhaltigen Kaffeeanbau und nicht zuletzt Höchstpreise für die Farmer. Durch das Rösten von Kleinstmengen können wir uns immer den Kundenbedürfnissen anpassen und natürlich auch eine höhere Qualität der einzelnen Chargen garantieren.“ Eine Vielfalt, die sich auch vor Ort zeigt: Sage und schreibe 18 kleine Kaffeemühlen stehen dort mit 18 verschiedenen Kaffees. „Genau das macht uns aus, Kaffee in all seinen Variationen auf Top-niveau zu zeigen“, erzählt der 40-Jährige und zeigt dabei nicht ohne Stolz auf seine Mühlenparade.
Die Welt von schlechtem Kaffee befreien
Die Kunden können in den Räumlichkeiten erleben, wie Kaffee geröstet, gemahlen und zubereitet wird. „Mit diesem Konzept der Transparenz, von Erlebnis und Frische konnte ich zahlreiche Kaffeefreunde für uns gewinnen und die Zahl der Kunden stieg und auch das Team wuchs“, erzählt Rosario und fügt hinzu „Die Welt von schlechtem Kaffee zu befreien, war und ist unser Ziel. Wir freuen uns sehr, immer wieder glückliche Menschen aus der Rösterei gehen zu sehen.“ Und auch wir verlassen unseren „Röster des Jahres“ mit einem Lächeln im Gesicht und der Gewissheit, den richtigen ausgewählt zu haben. ˙