Röster des Jahres 2017

Der „Röster des Jahres 2017“ ist die Rösttrommel in Nürnberg. Sie überzeugte die Jury über einen längeren Zeitraum in der Qualität der angebotenen Kaffees, beim Service sowie bei Fairness und Nachhaltigkeit im Einkauf der Rohkaffees.

Als wir an diesem sonnigen Tag im Juni nach Nürnberg fahren, um die Urkunde zum „Röster des Jahres 2017“ an das Team der Rösttrommel in Nürnberg zu übergeben, stutzen wir zunächst ein wenig bei der Adresse: „Auf AEG“ steht dort.

Klingt irgendwie nach Malochen, denken wir. So wie „Auf Schalke“, nur nicht im Berg-, sondern im Waschmaschinenwerk. Tatsächlich befindet sich der Hauptsitz der Rösterei dort, wo früher die Waschmaschinen von AEG gebaut wurden. Industrielle Fertigung, wie sie heute in Geiz-ist-geil-Land nicht mehr funktioniert. Aber so ist das eben mit der Globalisierung, was am Ende bleibt ist eine Adresse: Auf AEG. Immerhin ist mit der Rösttrommel nun wieder Handwerkskunst in die Räumlichkeiten eingezogen. Von der Waschtrommel zur Rösttrommel notieren wir in einem hellen Moment auf den Notizblock.

Vier Männer sitzen uns gegenüber, als wir darüber sprechen, was Röstkunst für die Franken bedeutet und wie es dazu kommen konnte, dass sie mit dem „Röster des Jahres“, die höchsten Ehren, die ein Röster in Guter-Kaffee-ist-geiler-Land erreicht haben: Michael Heyder, Matthias Heyder, Stefan Schwarz, Bastian Reif. Alle vier gleichsam sympathisch wie kompetent. Wenn auch jeder in einem anderen Bereich ein Spezialist ist. Michael ist der Zahlenmensch, Stefan liebt es, die grünen Bohnen zu finden und in geröstete zu verwandeln, Matthias vermarket das Ganze und Bastian kümmert sich als Head-Barista und Leiter der angeschlossenen Kaffeeschule um die Qualität des in der Tasse Sichtbaren.

Alles begann mit einer mobilen Kaffeebar und einer Rösterei in der Laufer Gasse, da, wo Nürnberg besonders traditionell ist, mit der sich Michael Heyder und Stefan Schwarz ihren Traum erfüllten. Seit 2010 wird dort Kaffee geröstet. Später stieß noch Michaels Bruder Matthias zu den Gründern. Geröstet wird mittlerweile hauptsächlich auf dem großen roten Giesen-Röster „Auf AEG“ in der Fürther Straße. Eine weitere Café-Location in Erlangen ist auch mit einem kleinen Röster ausgestattet. In der Laufer Gasse befindet sich noch ein gemütliches Café, in dem man sich durch das Sortiment trinken und seinen persönlichen Favoriten auch mit nach Hause nehmen kann. Rund die Hälfte ihres Umsatzes machen die vier mit Bohnen, die an einem der drei Standorte direkt verkauft werden.

Fragt man die Gründer nach dem Erfolgsrezept der Rösttrommel, erfährt man zum einen, dass Entscheidungen zwar nicht immer ohne Diskussionen, aber dafür zum Schluss stets im Einklang getroffen werden, um dann zu hören, dass es letzlich auch die Bohnen sind, die den Erfolg ausmachen. Die besten Bohnen wachsen in Hochlandregionen, die für Erntemaschinen nicht erreichbar sind. Durch die maschinelle Ernte werden in der Regel auch die Pflanzen beschädigt. Die guten Kaffeebohnen müssen also von Hand gepflückt werden und können nicht in den Mengen geliefert werden, die ein großer Konzern benötigen würde. Ein großes Unternehmen wird in der Regel keine sehr hohe Qualität liefern können. Die Rösttrommel legt aber gerade darauf großen Wert. Durch den Ankauf von relativ kleinen Ernten wird der Kaffee spezieller, aber auch schneller verkauft.

Dass eine Kaffeesorte über Jahre angeboten wird und der Geschmack konstant gleich bleibt, ist dabei natürlich ausgeschlossen, aber es bringt Abwechslung und Vielfalt mit sich. Zwar kann es sein, dass man den gleichen Kaffee dort nicht zweimal bekommen kann, weil er als Saisonware ausverkauft ist, aber dafür hat man eine große Auswahl von anderen guten Kaffees. Nun sind kleine Ernten an sich noch kein Garant für guten Geschmack. Um den zu gewährleisten, probieren die Gründer der Rösttrommel jeden Kaffee zunächst selbst und besuchen sogar einzelne Anbaugebiete und Farmen. Kaffees über deren Herkunft von den Zwischenhändlern keine Informationen gegeben wird, werden von der Rösttrommel nicht angekauft.

Der zweite wichtige Faktor für Qualität ist die Röstung. Das ist eine Wissenschaft für sich. Luftfeuchtigkeit und Außentemperatur spielen dabei eine wichtige Rolle und der Vorgang muss permanent überwacht werden. Dagegen werden bei der industriellen Röstung größere Mengen unter höherer Temperatur und somit schneller verarbeitet, wodurch allerdings Aromen verloren gehen. Durch die niedrigeren Temperaturen und die kleineren Mengen, die von privaten Röstereien verwendet werden, kann der Prozess besser überwacht werden.

Redet man von der Qualität eines Kaffees, kann man die sozialen Verhältnisse seiner Produktion nicht ausblenden. Denn auf vielen Plantagen leiden die Arbeiter unter den schlechten Bedingungen, die zum Großteil dem Preisdruck auf dem internationalen Markt geschuldet sind. Wie Matthias Hayder, einer der Inhaber der Rösttrommel erklärt, gibt das „Fair Trade“-Zertifikat keine Auskunft über die Qualität eines Kaffees und ist durch anfallende Bürokratie nur für die großen Kaffeefarmen interessant. Besonders die hohen Zertifizierungsgebühren schrecken Kleinbauern ab. Und so können Konzerne wie Starbucks, dank des schlechten Gewissens ihrer Kunden, ihre Umsätze steigern, während die Produzenten nach wie vor in Armut leben. Auch wenn nicht jeder „Fair Trade“-Kaffee schlecht ist und das Siegel durchaus auch für eine Verbesserung der Arbeitssituationen führen kann, hat man dafür keine wirkliche Garantie.

Die Rösttrommel hat dieses Problem für sich durch ein enges Verhältnis zum Importeur gelöst, der ihnen Einblicke in die Produktion ermöglicht. Durch die persönlichen Besuche des Rösttrommel-Teams auf den Plantagen können sie die Lage der Arbeiter besser einschätzen und müssen sich so nicht auf Informationen aus dritter Hand verlassen. Das kommt sowohl den Arbeitern auf den Plantagen als auch der Qualität des Kaffees zugute. Doch nicht nur die Gründer machen sich auf den Weg in die Anbauländer. Sie erzählen uns beim Termin auch von Juan, dem kolumbianischen Kaffeebauern, der sie seit ein paar Jahren regelmäßig besucht um seine Ernten vorzustellen. Wir werfen kurz ein, dass es ja auch sinnvoller wäre, wenn ein Bauer zehn Röstereien in Europa besucht, bevor zehn Röster nach Kolumbien fliegen. Wenn Juan im Land ist, sind die Cuppings jedes Mal ein kleiner Event. Vielleicht auch deshalb steht auf dem Wunschzettel der Franken ein eigener Cuppingraum. Luft nach oben ist immer.

Im Sortiment, von dem sie 2016 immerhin 50 Tonnen geröstet haben, befinden sich vier Blends und acht sortenreine Kaffees. Letztere wechseln ständig, je nachdem, was der Markt (und manchmal auch Juan) an guten Bohnen hergibt.

Wir gratulieren Michael Heyder, Matthias Heyder, Stefan Schwarz und Bastian Reif von der Rösttrommel in Nürnberg zum Titel als „Röster des Jahres 2017“. ˙

www.roesttrommel.de

Mehr über die Röststrommel und weitere Craft-Röstereien findest Du im Röster-Guide.